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Much to Touch

Text: Bauer Jürgen | Fotos: Magdalena Blaszczuk
© Magdalena Blaszczuk

Von 11. Juli bis 11. August sind bei ImPuls-Tanz auf zahlreichen Bühnen 65 Werke zu sehen, zusätzlich bieten stolze 237 Workshops Tanz zum selbst erleben an. Und viele Künstlerinnen und Künstler sind hier wie dort präsent: So gestaltet Planningtorock – aka Jam Rostron – gemeinsam mit Choreograf und Performer Ian Kaler einen Workshop unter dem Titel „Shared Practice“, der sich speziell an Menschen und Körper wendet, die „eine queere Sensibilität und eine Offenheit besitzen, um eine Bandbreite von sehr subtilen bis zu gewagteren und unkontrollierten Formen von Introspektion zu erforschen“. Nach drei allseits gefeierten Studioalben ist „Powerhouse“ Rostrons bisher persönlichstes Werk geworden, eine musikalische Biografie, das sich der Kindheit im Norden Englands ebenso widmet wie der kraftvollen Mutter und der autistischen Schwester. Nun gastiert die Show aus Musik, Tanz und Visual Arts am 2. August in Wien. Ein Gespräch über Mütter, Schwestern und andere queere Familien.

3_Planningtorock.jpg © Magdalena Blaszczuk

FAQ: „Powerhouse“ ist ein sehr intimes, persönliches Album. Warum haben Sie das Gefühl gehabt, so offen über das eigene Leben, Ihre Kindheit und Familie sprechen zu müssen?

Musik war immer der Ort, an dem ich mich selbst am besten verstanden habe. Alle meine Alben haben davon gehandelt, wie es mir in meinem Leben zum Zeitpunkt ihrer Entstehung ging. Bei „Powerhouse“ hatte ich das Gefühl, einige Dinge meines persönlichen Lebens ganz direkt ansprechen zu müssen. Bevor ich dieses Album schrieb, dachte ich viel über Gender und Genderpolitik nach, eine Weile wollte ich das sogar studieren. Aber am Ende sagte ich mir: Nein, ich schreibe lieber Lieder darüber. Das Album „Powerhouse“ war dann sehr schwierig zu produzieren. Ich fühlte mich sehr verletzlich, letztendlich hat mir die Veröffentlichung aber auch viel Kraft gegeben, weil ich meine Geschichten teilen konnte und dadurch offenbar viele andere Menschen ermutigte, ihre Geschichten ebenfalls zu teilen. Das Album ist eine Art Safe Space für dieses offene Teilen von Erfahrungen geworden.

FAQ: An einigen Stellen des Albums ist Ihre Stimme nicht durch Autotunes verändert, Sie sprechen mit Ihrer ganz natürlichen Stimme. Hat das auch etwas mit dieser Offenheit und Verletzlichkeit zu tun?

Das Lied, auf dem ich ohne vokale Manipulation spreche, handelt von meiner Schwester, unserer gemeinsamen Zeit als Teenager. Dafür brauchte ich meinen Dialekt aus dem Norden Englands, das Lied musste mit meinen sprachlichen Wurzeln gesprochen und gesungen werden.

FAQ: War das eine der Motivationen für das Album, die eigene Herkunft und die eigenen Wurzeln in Musik zu fassen?

Es gab viele Motivationen für das Album. Eine davon war meine Mutter. Sie war eine extrem kraftvolle Person in meinem Leben, sie ist das „Powerhouse“, nach dem das Album benannt ist. Meine Mutter hat enorm viel durchgemacht in ihrem Leben, sie hat mit chronischer Krankheit gekämpft, sich um meine Schwester gekümmert, und das alles ohne Unterstützung und ohne viel Geld. Es ist die Art von Zuwendung, die Millionen von Menschen auf der ganzen Welt jeden Tag leisten, die jedoch nie gefeiert und geschätzt wird. Deshalb wollte ich das Lied nutzen, um den großartigen Einsatz meiner Mutter und all dieser Menschen zu feiern. Es war auch meine Mutter, die mich mit Musik in Verbindung brachte. Durch sie wurde Musik nicht nur zu einem wichtigen Teil meines Lebens, ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass Musik mir überhaupt erst mein ganzes Leben gab. Es gab mir einen Ort, an dem ich wachsen konnte, und dafür bin ich meiner Mutter bis heute sehr dankbar. Darum ist das Album auch eine Feier und ein Dankeschön an meine Mutter.

FAQ: Wie genau hat Ihre Mutter Musik in Ihr Leben gebracht?

Sie hat einfach sehr laut Musik gespielt, schon sehr früh am Morgen, bevor sie zur Arbeit ging. Das war beinahe ein Morgenritual im Wohnzimmer, laute Musik mit einer Tasse Kaffee. Dabei hörte sie die verschiedensten Musikstile: Rock’n’Roll, Soul, RnB. Ich habe gesehen, wie Musik meine Mutter berührte, wie sie Musik für ihr Leben brauchte, als Möglichkeit sich wohlzufühlen oder auch zu entkommen …

Vollständiger Artikel in der Printausgabe

 

ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival

11. Juli bis 11. August 2019 

www.impulstanz.com

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