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FAQ – Music #56

Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: Press
Bobby Conn "Recovery"

The Base haben ihre Karriere als Marathonlauf angelegt. Jeder Song, jedes Jahr und jede Veröffentlichung wird intensiver als das letzte Mal. Die Resonanz auf die letzten Platten „Disco Bazaar“ und „The Big Base Band“, eine überraschende Zusammenarbeit mit dem Jazz Orchester Steiermark, war auf alle Fälle mehr als positiv. Für „Tribal Instincts“ (konkord) hat sich das Trio rund um Songschreiber Norbert Wally in den slowenischen Bergen verschanzt, verzichtete auf Hilfe vom Rest der Welt und besann sich auf die eigenen Wurzeln. Songs zum Niederknien wie schon der Opener „I Know This World“ werden mit einem blinden Verständnis auch im sparsamen Setting zu einem Ereignis. Auch Wally lässt seine Stimme und damit seine Geschichten in einer Brillanz und Souveränität scheinen, die der Einfachheit Recht gibt. Der „Right Wing Hippie“ hat einen bemerkenswerten Auftritt als Song und auf „Maybe Mayhern“ feiert sogar ein abgewandeltes Batman-Riff fröhliche Urstände. Das Ringen mit sich selbst und das Wissen, dass man den Weg weitergehen wird, machen aus dieser Band eine frohe Schicksalsgemeinschaft. Die nächsten Songs warten hoffentlich schon auf The Base und auf uns.

Tribal_Instincts.jpgThe Base, Tribal Instincts (konkord)

Carla Bley ist mittlerweile so etwas wie Grand Dame des Jazz, sie hat für große und kleine Klangkörper komponiert und sah sich immer als Komponistin und nicht als Interpretin und Instrumentalistin. In den letzten Jahren hat sie zusammen mit ihrem Partner Steve Swallow am Bass und dem Saxophonisten Andy Sheppard eine Reihe von Platten veröffentlicht, die ihrem Leitsatz „Ich bin sehr langsam, aber wenn ich meine Noten gefunden habe, dann sind es die richtigen“ alle Ehre machen. „Life Goes On“ (ECM) ist nun nicht nur ein grandioser Titel für das Werk einer 81-Jährigen, aber auch ein weiterer Beleg für die Meisterschaft der Komponistin Bley und des blinden Verständnisses der beiden langjährigen Wegbegleiter. Bley nannte immer Erik Satie, Thelonius Monk und Miles Davis als ihre Säulenheiligen und es ist die absolute Abwesenheit von Egoismen und Kraftmeierei, die Bleys Musik auch hier wieder zu einer akustischen Oase macht.

carla_bley.jpgCarla Bley, Andy Sheppard, Steve Swallow, Life Goes On (ECM)

Wandern wir zurück zum Pop und zu Bobby Conn. Wenn man objektive Maßstäbe anlegt, dann ist der gute kleine Mann ein Verlierer, wie er im Buche steht. Er ist seit Jahrzehnten im Geschäft und was hat er erreicht? Eine notorische Bekanntheit als Drogenvernichter und als Liebling von Fotografen, denen die Rampensau jede erdenkliche Pose anbot. Seine Platten erschienen meist bei Labels, die nicht an ihn glaubten oder gar nach Erscheinen von Conns Platten das Zeitliche segneten. „Recovery“ (Tapete/Indigo) ist fast so etwas wie ein Comeback, denn sein geliebtes Chicago hat er schon länger nicht verlassen, und überraschenderweise präsentiert sich Conn (beinahe) geläutert. Seine vom klassischem Synthpop getragenen Songs sind nicht mehr nur hingerotzt, sondern ausgefeilt, sie bedienen sich auch der Mittel des Glamrocks, dem er als Spätgeborener sicher nachweint. Und wenn der Fünfziger Conn „It’s A Young Man’s Game“ singt, dann wird er beinahe schon nostalgisch. Vielleicht versteckt sich doch noch der Erfolg um die Ecke?

Bobby_Conn.jpgBobby Conn, Recovery (Tapete/Indigo)

Mika Vember war die letzten Jahre die große Abwesende der heimischen Szene. Songs wie „We All Agree“ landen aber nicht auf dem Misthaufen der Musikgeschichte, sondern finden immer Fans und Hörer. Elf Jahre nach ihrem letzten gemeinsamen Album „Fame and Success“ mit dem musikalischen Hans-Dampf-in-allen-Gassen Börn aka Bernhard Mooshammer, trugen sie wieder ihre Songs zusammen. Das Resultat „Loss and Ruin“ (Hoanzl) lässt einen zuerst staunend zurück, nur um einen dann in tosenden Applaus verfallen zu lassen. Obwohl beide ungefähr zu gleichen Teilen die Songs beigesteuert haben, ist das Album aus einen Guss und die Duette erinnern an die ganz großen Songwriter wie John Prine, der ja zu einem Duett auch noch nie nein gesagt hat. Die Arrangements geben den Songs nur das, was sie unbedingt brauchen und keinen Ton und kein Instrument mehr. Hier liegt eine weitere Stärke dieser beiden Könner: Nicht die Eitelkeit steht im Mittelpunkt, sondern das Lied. Wenn eine Bluesgitarre jaulen soll, dann genauso kurz wie notwenig, wenn eine Pedal-Steel jaulen soll, dann so effizient wie möglich. Wenn es einen Beweis bräuchte, dass gut Ding manchmal Weile braucht, dann sind es diese 12 Songs.

Loss_and_Ruin.jpgBörn & Mika Vember, Loss & Ruin (Hoanzl)

Einen ähnlichen Geniestreich landete vor 30 Jahren Neneh Cherry mit ihrem Debütalbum „Raw Like Sushi“ (Virgin /Universal), das mittlerweile fast ikonenhaften Status hat. Die Mischung aus Soul, Selbstbewusstsein, jugendlichem Drang, Tanzbarkeit und HipHop war einmalig und wurde zur unerreichten Vorlage für viele verblüffte Nachahmer. Hits wie „Buffalo Stance“ oder „Manchild“ garantieren der Schöpferin und ihren Kindern hoffentlich eine sichere Zukunft. Die Wiederauflage erscheint in diversen Editionen mit Mixes, Bonustracks und allem Schnickschnack, der Gral ist und bleibt aber das ursprüngliche Album, ein absoluter Klassiker der Moderne.

Neneh_Cherry.jpgNeneh Cherry, Raw Like Sushi (Virgin/Universal)

Auf dem Weg dorthin sind die Steaming Satellites noch, aber den Titel „Hardest Working Band from Austria“ können sie wohl für sich verbuchen. Mit ihrer Mischung aus Spacerock und Garagenpunk haben sie auf unzähligen Bühnen in Europa und Amerika gespielt und auf dem Weg dazwischen wohl hunderte Autobahnraststätten besucht. Ihre neue EP mit fünf Songs, „Clouded Sky“ (Assim Records) erscheint am 20. März und darauf gehen die drei Salzburger konsequent ihren Weg weiter, und bleiben doch etwas mehr auf der Erde und vertrauen altmodischen Melodien statt langen psychodelischen Einschüben. Es ist immer wieder faszinierend, wie sie es schaffen ihren Songs keine Ursprungszeit zu verpassen, denn ob ein Song wie „Running Out Of Time“ in San Francisco Ende der Sechziger aufgenommen wurde oder in Salzburg 2020 ist definitiv nicht zu hören. Die nächste Tour steht schon bevor denn diese Songs wollen gespielt werden und neue Verehrer finden.

steaming_satellites.jpgStreaming Satellites, Clouded Sky (Assim Records)
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