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Oracle and Sacrifice in the woods

Claudia Bosse © Guenther Auer

Der Prater spielt Theater. Das theatercombinat um Claudia Bosse hinterholzt sich für ihr aktuelles Stück Oracle and Sacrifice in the woods durch Wiens grünen Lungenflügel. Die Auenlandschaft wird ab 8. Mai 2022 an mehreren Terminen zum Austragungsort für eine „Begegnung mit dem Nicht-Menschlichen“. Soll heißen: Der Wald wacht auf und wundert sich, wenn die Brut aus Feen und Waldgeistern übers Wurzelwerk hüpft, um über Werden und Gewordensein zu stolpern. Bosse, die vor 25 Jahren das theatercombinat in Berlin gründete und sich seither aus Wien in die freie Tanz- und Performance einschreibt, orakelt bereits über mehrere Programmzyklen von alten Griechen ins Chaos von heute. Ihre Serie „ORACLE and SACRIFICE“ opfert und ritualisiert, sie philosophiert und provoziert mit Organen, die zu Orakeln werden und Formen, die von der Gesellschaft erzählen. Für die kommenden Ausflüge des theatercombinats in die Prater-Auen wandelt nicht nur ein 22-köpfiger Chor in die Baumschule. Bosse schleudert auch selbst ein paar Eingeweide ins Unterholz. Es gehe um eine „nomadische Spekulation über Materie und Moleküle, über somatische Zellen und Schallwellen“, heißt es in der Ankündigung. Wer sich bei solchen Sätzen nervös die Schläfen massiert, darf aufatmen: Um das Wald-und-Wiesen-Spektakel zu erleben, braucht man sich keinen Doktortitel in Biologie zu erschummeln.

ClaudiaBosse „ORACLE and SACRIFICE in the woods“ © Markus Gradwohl

Ein Mückenspray, Schuhe für den Gatsch und eine Eintrittskarte reichen aus, um Artemis, der Göttin des Waldes, in ihr Hoheitsgebiet zu folgen. Denn im Atem des Waldes lasse sich vielleicht vernehmen, so Bosse vorab über ihr Stück, was die Zukunft bringt. Die steht zwar genauso in den Sternen über dem Prater wie die Poetik der Ökologie. Das Off-Theater gegen einen Spaziergang an der frischen Luft zu tauschen, gleichzeitig dem Vitamin-D-Haushalt etwas Gutes zu tun und sich statt Bärlauch an Pilze zu verschlucken, dürfte aber auch für hartgesottene brut-Gänger keine gmahte Wiesn sein. Deshalb muss man sich vor dem Wandertag fragen, „ob die Bäume revoltiert haben werden?“ Was bei „ORACLE and SACRIFICE in the woods“ im Gebüsch raschelt, bleibt das große Geheimnis. Das Wissen „um Opfer und Rituale, Mythologien und Naturwissen“ eine Versprechung. Wer trotz allem nicht beabsichtigt, im Schutz der Kronen unter die Hobby-Mykologen zu gehen, hat bei kommenden Projekten des theatercombinats mitunter mehr Glück. Mit „ORGAN/ismus – poetik der relation“ entwickelt Claudia Bosse gerade einen Werkzyklus mit organischen Jahresschwerpunkten: Lunge, Herz, Leber und Wucherungen, die „den Weg weisen für diverse transdisziplinäre Performance- und Kunstprojekte zwischen lokalen, intergenerationellen Beteiligten und translokal künstlerischem Austausch zwischen Europa und Südostasien.“ Man darf auch drinnen gespannt sein.

www.brut-wien.at

 

| | Text: Christoph Benkeser
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