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Protest: Lied im Lied

Désirée Saarela © Andreas Haals

Im Anfang und am Ende steht das Protestlied. Zumindest hier in dieser Ankündigung des Glatt&Verkehrt-Festivals im Location-Dreieck Göttweig-Krems-Spitz, und am Konzertabend 1 beim Winzer Krems. Das Trio Zur Wachauerin gibt sich heuer extended mit Gästen und vor allem mit der einflussreichen Protest-Country-Musik des jung verstorbenen Hank Williams. Der Musikstil des in Alabama geborenen „Hillbilly-Shakespeare“, eine Synthese aus Western Swing, Honkey Tonk, Blues und Gospel, zeitigt später prominente Nachahmer: unter anderem Bob Dylan, Johnny Cash, Merle Haggard oder David Allan Coe. Ebenfalls am ersten Konzertabend zu hören ist die Brasilianerin Bia Ferreira. Mit 18 Jahren veröffentlicht sie „Cota Não é Esmola“, wörtlich „Quote ist kein Almosen“ – bezugnehmend auf das Quotensystem brasilianischer Universitäten. Ihr Debütalbum nannte sie „Igreja Lesbiteriana“. Als kämpferische Hohepriesterin dieser „lesbiterianischen Kirche“ ist Bia Ferreira eine leidenschaftliche Advokatin der LGBT-Community. Geboren in Minas Gerais, musste sie von klein auf erleben, wie Rassismus und Homophobie einen Großteil der Menschen in Brasilien an einer erfolgreichen Laufbahn oder ganz einfach einem erfüllten Leben hindern. Die Triobesetzung setzt auf brasilianische Genres wie Maracatu und Samba-Reggae, aber auch Funk, Afrobeat oder Hip-Hop. Poesie und Protest zum Grooven.

Bia Ferreira © Camila Tuon

LYLIT © Helena Wimmer

Am Konzertabend 2 im Winzer Krems: Die Singer-Songwriterin Hanna James ist ebenfalls eine mehrfach ausgezeichnete Folk-Tänzerin, was das Glatt&Verkehrt-Stammpublikum bereits erleben durfte, als Hannah James ihre Zeit als Artist In Residence für ein außergewöhnliches Konzert unter Beteiligung österreichischer Kollegen nutzte. 2023 nimmt Désirée Saarela die Residency in Anspruch und ist somit den ganzen Juli in Krems. Die Geschichte der Finnlandschweden ist ebenso zentral für ihr Schaffen wie etwa der Winterkrieg zwischen Finnland und der Sowjetunion 1939-40. Glatt&Verkehrt initiiert heuer ein Zusammentreffen dieser beiden Musikerinnen mit der österreichischen Soul-Stimme Lylit. Eva Klampfer aka Lylit leitete bereits mit 12 Jahren einen Gospelchor und schrieb mit 14 erste Songs. Bestimmt ein weiteres finales Highlight: Nils Landgren und Johan Norberg interpretieren am letzten Konzertabend Jazz-Standards, Pop-Klassiker und skandinavische Volkslieder. Ende der 1970er-Jahre lernten sie einander kennen und gründeten die Band „Chapter Two“. Landgrens Laufbahn hob dann in den 1980er- Jahren so richtig ab, mit eigenen Tonträgern sowie zahllosen Gastauftritten bei den großen Namen im Jazz-Rock-Pop-Business, von Herbie Hancock bis ABBA. Johan Norberg entwickelte einen hoch individuellen Gitarrenstil mit speziellen Stimmungen, die über den Jazz hinaus an legendäre Folk-Sounds von Joni Mitchell erinnern. Und zwischen Hank und Mitchell findet bekanntlich der Protest immer ein Lied …

www.glattundverkehrt.at

 

| | Text: Michael-Franz Woels
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