Fahrradshops sind Nahversorger, denn wer sich einen Drahtesel zulegt, will dafür in der Regel nicht ans andere Ende der Stadt reisen müssen. Insofern fällt Reanimated Bikes in der Westbahnstraße wohl in die Sparte Delikatessenladen, denn was man hier geboten bekommt, ist in Wien ziemlich einzigartig (und auch gar nicht so teuer wie man wohl glauben mag). Das Konzept: Alte Räder werden vor der Verschrottung gerettet, fachmännisch restauriert und, nachdem sie an individuelle Kunden angepasst wurden, wieder auf den Markt gebracht. Jedes Rad gestaltet sich dabei als wahres Vintage-Schmuckstück. Doch ist es nicht allein das gute Aussehen der Produkte, das die Betreiber zur Geschäftsgründung motiviert hat.
„Unser wichtigster Anspruch ist die Nachhaltigkeit“, meint Co-Betreiber Richard Zirkl, der hinter der Theke des Verkaufslokals steht, während in der nebenan gelegenen Werkstatt fröhlich gehämmert wird. „Was uns am herkömmlichen Radbusiness stört, ist der Umstand, dass viele Räder im Keller versumpern, weil die Qualität nicht passt oder das Verkaufsgespräch nicht gut lief. Wir wollen unkomplizierte Räder verkaufen, mit denen wirklich gefahren wird, weil sowohl die Qualität als auch der Preis stimmen.“ Tatsächlich ist es eine Art Kreislaufwirtschaft, die bei Reanimated Bikes praktiziert wird: Die Räder werden lokal produziert und stammen aus nachhaltiger Produktion, das Geld bleibt – mit Ausnahme von Ausgaben für kleinere Teile, die besorgt werden müssen – in der Region. Der Großteil der Räder stammt von der Müllabfuhr, zudem gibt es eine Kooperation mit der gemeinnützigen Organisation Jugend am Werk, die Jugendlichen und Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen will. Die Details dieser Zusammenarbeit erläutert der für das Marketing verantwortliche Adi Hirzer, der in seinen zahlreichen früheren Leben schon als Hotelier, Creative Director und Tauchlehrer tätig war: „Wenn wir Fahrräder von der MA 48 (Anm.: das Magistrat der Stadt Wien für Abfallwirtschaft) abholen, bringen wir sie zu Jugend am Werk, wo die Räder sozusagen auseinandergenommen werden. Die guten Teile – zu denen in der Regel Rahmen und Schaltung zählen, manchmal auch eine bestimmte Nabe – werden behalten, die schlechten entsorgt. Diese Teile bekommen wir dann kompakt von Jugend am Werk geliefert.“ Bereits die ersten Schritte zum reanimierten Fahrrad sind also von einem ebenso sozialen wie ökologischen Hintergrund geprägt …
Vollständiger Artikel in der Printausgabe.
Westbahnstraße 35, 1070 Wien