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Robert Stadlober

Text: Günter Pscheider | Fotos: Stefan Tauber

Robert Stadlober war schon immer ein Zerrissener: Geboren in Kärnten, aufgewachsen in der tiefsten Provinz in der Obersteiermark, zog er mit acht Jahren nach Berlin, um dort nach einigen Erfahrungen als Synchronsprecher als 16jähriger in „Sonnenallee“ erstmals einem breiteren Publikum aufzufallen. Ein Jahr später schaffte er bereits den Durchbruch mit seiner glaubwür digen Darstellung des halbseitig gelähmten Benjamin Lebert in „Crazy“ von Hans-Christian Schmid. Sein nachvollziehbares Stefan-Raab- und Til-Schweiger-Bashing etablierte seinen Ruf als rebellischer Außenseiter, die Boulevard-Medienmaschinerie frohlockte ob dieses jungen Provokateurs, der das Spiel der gegenseitigen Anbiederung nicht mitmachen wollte. Kontroverse Rollen in Filmen, die ein authentisches Bild der Jugendszene zeigen wollen, wie „Engel und Joe“ oder „Verschwende deine Jugend“ brachten ihm zwar Kritikerlob, waren aber keine großen kommerziellen Erfolge. Bei teureren Filmen wie „Krabat“ ist er meist in Nebenrollen zu sehen, aber das schafft Zeit für seine anderen Projekte, die ihm ebenso am Herzen liegen wie die Schauspielerei: Er ist Mitglied der Band Gary, deren zweites Album „One Last Hurrah for the Lost Beards of Pompeji“ Ende Mai erschienen ist, und betreibt zusammen mit seinem Partner Bernhard Kern das österreichische Label Siluh Records mit Bands wie a life, a song, a cigarette.

Das Interview soll im Designer-Hotel Das Triest stattfinden. Weil im Garten nichts frei ist, wechseln wir einfach ins nächst gelegene Beisl. Er trägt leicht zerrissene Jeans, dazu ein gestyltes Sakko. Wohl weil er mein exilkärntnerisches Idiom sofort erkennt, redet er völlig natürlich im Dialekt des kärntnerisch-steirischen Grenzgebietes mit einem leicht wienerischen Einschlag, so, als ginge er nicht die meiste Zeit in Deutschland als waschechter Berliner durch. Er hat zwei abgefuckte WG-Zimmer in Berlin und Wien und freut sich, wenn er wie unlängst zwei Monate einen schönen Raum mit Terrasse im Triest bekommt – irgendwo müssen die Filmproduktionen ja ihr Geld ausgeben –, weil man dort in jedem Zustand zu jeder Tages- und Nachtzeit hineinfallen kann und nicht blöd angestarrt wird. Seine Kunst, auf der Leinwand wie wohl auch im Leben ist es, immer authentisch zu wirken, die Widersprüche in ihm selbst, in der Außenwahrnehmung durch die Medien und in der Gesellschaft nicht nur auszuhalten, sondern sogar produktiv zu verwerten.

Deine Band Gary hat ein neues Album herausgebracht. Die ersten Zeilen lauten: I feel alright, i learn to break myself into fractions. Ist das…

Programmatisch? Ja, ein wenig schon. Wenn man soviel verschiedene Sachen macht wie ich, muss man einen Weg finden, wie man seine Kraft einteilt, damit meine ich nicht nur die körperliche, sondern auch die emotionale. Wo man nur halb gefordert ist, nimmt man nur die „day fraction“ woanders kann man dafür mehr geben. Das hängt auch damit zusammen, dass seit 15 Jahren an allen Ecken und Enden an mir gezogen wird. Da muss man dann auch schauen, wem man was preisgibt, wie man sich am besten schützt mit bestimmten Verhaltensweisen.

Ist das ein bisschen der Zeitgeist, sich eben zu fraktionieren, im Gegensatz zu einer langen Geschichte der genormten Lebensläufe wie z. B. in „Krabat“ gezeigt? Und was für Konsequenzen hat das für dein ganz privates Verhältnis zu Menschen?

Die meisten Leute leben heute unter dem Druck, sich spontan neuen Situationen anpassen zu müssen, das ist bei mir vielleicht noch ein wenig stärker ausgeprägt als bei vielen anderen. Aber das gilt für meinen Freundeskreis generell, dass jeder sich für bestimmte Situationen bestimmte – Persönlichkeiten wäre übertrieben – eher Masken im positiven Sinne zurechtlegt, die er dann auspacken kann. Wenn man mit seinen Eltern über sein Leben redet, hat man klarerweise ein ganz anderes Ich als bei seinen Freunden. Und bei seinen fünf Arbeitgebern, die heutzutage üblich sind, verhält man sich wieder ganz anders. In Beziehungen strebe ich immer an, „ganz“ zu sein, aber das ist auch nur ein Versuch. Selbst da spielt man mit verschiedenen Schattierungen des Ichs, man muss unterschiedliche Modi einschalten können. Wenn ich weiß, ich verbringe die nächsten drei Tage mit meiner Freundin, versuche ich, ganz für sie da zu sein, auch wenn es mir in dem Moment vielleicht selber ziemlich dreckig geht. Da muss man austarieren, wer wann auf wen Rücksicht nimmt. Das funktioniert natürlich nie.

Für einen Schauspieler ist dieses Spiel im Alltag vielleicht leichter, vor allem für jemanden, der sehr instinktiv vor der Kamera agiert, oder hat sich deine Herangehensweise im Lauf der Zeit geändert?

Man eignet sich irgendwann automatisch eine Technik an, die aber nicht so einfach beschreibbar ist wie bei jemandem, dem das von einem Lehrer auf einer Schauspielschule beigebracht wurde. Natürlich habe auch ich meine Skills, mein Handwerkszeug, auf die ich zurückgreifen kann. Wenn heute am Set das und das gefordert ist, realisiere ich meist sehr schnell, ich muss mich nicht voll reinschmeißen, ich weiß, wie ich gewisse Dinge abrufen kann. Aber wenn es hart auf hart kommt, in den großen emotionalen Szenen, bin ich sicher nicht derjenige, der sich auf die Technik verlässt. Da geht es darum, dass etwas in mir passiert, dass ich nicht kontrollieren kann. Das sind dann auch die großartigsten Momente, wenn man sich wundert, was aus einem selbst rauskommen kann. Es ist in jeder Kunstrichtung spannender zuzuschauen, wenn die Künstler oft selbst nicht genau wissen, wo die Reise hingeht. Es gibt fantastische technische Schauspieler oder auch Gitarristen, aber es interessiert mich mehr zu sehen, wie jemand die Kontrolle verliert bei dem, was er ohnehin ganz gut beherrscht.

Bist du bei der Rollenauswahl auf der Suche nach Charakteren, in denen das schon angelegt ist oder sind andere Gründe, etwa auch finanzieller Natur, wichtiger?

Ich habe eigentlich sehr wenige Sachen wegen des Geldes gemacht. Es geht oft gar nicht so sehr um das Ergebnis, sondern mehr darum, was während des Arbeitens passiert. Da muss das Drehbuch nicht unbedingt perfekt sein. Wenn ich das Gefühl habe, ich treffe einen interessanten Regisseur, und auch der Rest der Crew und der Schauspieler sind vielleicht eine leiwande Gruppe, mit der ich schöne und interessante zwei, drei Monate verbringen kann, ist mir das oft wichtiger, als zu wissen: Wenn ich den oder den Film mache, bin ich danach der große Zampano. Ich schaue am jetzigen Punkt meines Lebens einfach darauf, dass es mir persönlich gut tut, was ich mache und nicht darauf, was am Ende dabei herauskommt.

Die klassische Ersatzfamilie am Set?

Für die Zeit der Dreharbeiten schon, auch wenn man nach einem Jahr oft den Namen der Leute vergisst. Das ist kein arroganter Blödsinn, das geht vielen so. Wenn du drei Filme im Jahr drehst mit jeweils vierzig Leuten, wiederholen sich die meisten Charaktereigenschaften in den Menschen, und nach einer gewissen Zeit morpht sich das alles zusammen, und du weißt nicht mehr, mit wem du vor fünf Jahren einen bestimmten Film gedreht hast, obwohl man sich damals sehr nahe war. Trotzdem ist es jedes Mal wieder eine total aufregende Erfahrung, weil man sich so kompromisslos aufeinander einlässt ohne irgendwelche Kennenlernbarrieren, die man normalerweise hat. Am ersten Wochenende säuft man sich schon mit allen zusammen, die ersten schmusen schon miteinander, und man erzählt jemandem, den man vor fünf Tagen kennen gelernt hat, sein halbes Leben. Man hat eben keine anderen Bezugspunkte in der Zeit, wo man intensiv 15, 16 Stunden am Tag arbeitet. Wenn man dann einen Tag frei hat, bricht das alles komplett auf, und jeder öffnet sich dem anderen. Außerdem gibt es noch die vielen Pausen, in denen man wunderbar vom Hundertsten ins Tausendste kommen kann.

In Wikipedia steht…

(unterbricht): Ich habe schon zwanzig Mal versucht, meinen Eintrag zu ändern, aber der Typ, der diese Biografie über mich geschrieben hat, ein Wikipedianer dritten Grades oder so ähnlich, stellt seine Version immer wieder hinein, und ich kann nicht jemanden bezahlen, der alle drei Tage checkt, ob meine Version noch drin steht und sie gegebenenfalls wieder postet. Man hat dort eben keinen Anspruch auf Persönlichkeitsrechte, weil es eine offene Enzyklopädie ist und basisdemokratisch funktioniert. Und die Informationen stimmen ja im Prinzip, aber wen hat es zu interessieren, dass mein Vater Elektriker war oder dass ich einmal Agoraphobie gehabt habe. Der Typ hat das aus alten Interviews editiert und aus dem Zusammenhang gerissen. Das wirkt dann so, als ob ich ein total durchgeknallter Typ wäre. Auch mein Musikgeschmack hat sich, seit ich 15 war, doch geändert. Im Artikel steht, dass Sebadoh, die Lemonheads und Nirvana einen prägenden Einfluss hatten. Jetzt sind es eher Teenage Fanclub, Guided by Voices oder die Lemonheads.

Wie stehst du als betroffener Musiker generell zu illegalen Gratis-Downloads?

Robert Stadlober: „Das ist natürlich ein zweischneidiges Schwert. Man kann es einem 18- Jährigen kaum vorwerfen, dass er umsonst Sachen runterlädt, er ist damit aufgewachsen, dass Musik gratis ist. Das Versäumnis liegt bei den Major Labels, die in den Neunziger Jahren absurd viel Geld in einzelne Künstler gepumpt haben. Jeder denkt sich, warum soll ich für ein Metallica-Lied zahlen, wenn die sowieso schon vielfache Millionäre sind. Ich sehe das illegale Downloaden fast schon als Chance, weil für viele kleinere Bands oder auch Labels erst eine gewisse Aufmerksam entsteht, und die Leute bei Konzerten oder im Netz durchaus ihre Solidarität durch den Kauf von Vinyl oder Merchandise bekunden wollen. Aber das ganze ist gerade im Umbruch. So kann es nicht weitergehen, sonst ist Musikmachen bald nur mehr als Hobby für Kinder von reichen Eltern leistbar, oder für Schauspieler. Und das sollte nicht so sein, es müsste schon irgendeine Perspektive geben, damit auch Geld verdienen zu können. Musik ist für viele heute nur mehr eine Begleiterscheinung, die ich mir gratis runterlade, damit mir in der U-Bahn nicht fad ist. Die Leute realisieren nicht, dass da mehrere Menschen ein oder zwei Jahre lang an dem Produkt arbeiten und das dann sowieso möglichst billig verkaufen, damit überhaupt irgendjemand noch dafür Geld ausgibt. Aber dann ist bei Labelkollegen das Chelsea schon eine Woche vorher ausverkauft, und man realisiert, dass es ja doch auch Menschen da draußen gibt, die Musik nicht nur zum Joggen brauchen, sondern zum Leben. 

Auch das Tourleben kann dir sehr viel geben. Wir sind nach dem Auftritt in Innsbruck um acht in der Früh am Inn gestanden mit einer halben Flasche Whiskey und haben einfach Tränen in den Augen gehabt. Da war das Gefühl, eigentlich würden wir das gerne für immer so weiter machen, auch wenn für immer wohl nur ein halbes Jahr dauern würde, dann würden schön langsam die ersten wegsterben.

Vor sieben Jahren hast du in einem Interview gesagt, dass man nicht sagen könne, wie man sich weiter entwickelt, vielleicht würdest du ja in zehn Jahren CDU wählen. Hast du damals eine Vorstellung gehabt, wie du später sein willst?

Ich habe verschiedene Optionen in meinen Kopf gehabt. Eine davon war die, so wie jetzt zu leben, und das ist eigentlich auch die beste. Dass ich relativ frei entscheiden kann, was ich wann tue. Das ist der größte Luxus, den man sich überhaupt wünschen kann. Ich hatte mit 17 auch Tagträume, dass ich in zehn Jahren reich sein werde und meinen Freunden alles finanzieren kann. Das ist halt nicht passiert. Ich hab ein Zimmer in Berlin, eins in Wien, ich kann ein Label betreiben, Filme und Musik machen, die mir etwas bedeuten. Aber Luxus oder eine Familie könnte ich mir derzeit nicht leisten. Da müsste ich irgendwelche Fernsehfilme machen oder Fernsehkommissar werden. Nichts gegen Fernsehfilme, ich hab auch schon ein paar ganz gute gemacht, aber mein Herz schlägt doch für das Kino. Aber ich verstehe jeden Kollegen, der aus der Verantwortung für eine Familie heraus Kompromisse in seiner Arbeit macht.

Im Moment bist du wieder mehr in Österreich engagiert.

Ja, in „Wie man leben soll“ von David Schalko nach dem Roman von Thomas Glavinic, der im Mai abgedreht wurde, spiele ich Mirko, den besten Freund von Charlie, den vielleicht zweitwichtigsten Part. Obwohl man von Rollen gar nicht richtig sprechen kann, man sollte sich das Ganze mehr wie ein Michel-Gondry-mäßiges Mosaik vorstellen, wo sehr viel passiert und jeder seine Momente hat, wo abgesehen von Charlie eigentlich alle gleich wichtig sind.

Und Anfang Juni haben die Dreharbeiten für den neuen „Kottan“-Film von Peter Patzak begonnen. Eigentlich hätten wir schon letzten Sommer drehen sollen, und ich habe sehr lange mit Peter Patzak an einem anderen Projekt gearbeitet, dass aber dann wegen der defi zitären Lage des ORF und anderer Probleme nicht zustande gekommen ist. Letztes Frühjahr hat mich Peter angerufen und gesagt, dass wir unbedingt essen gehen sollten, was wir dann auch getan haben. Da war dann schon der Sohn von Helmut Zenker mit einem Kottan-Leiberl dabei. In einer Rauchpause vor dem Lokal sagte Peter dann: „Schau dir die Welt an, alles geht den Bach runter, alle sind komplett wahnsinnig geworden. Es ist Zeit, dass wieder ermittelt wird.“ ich habe ihm herzlich gratuliert, dass er sich endlich dazu durchgerungen hat. Er hat gesagt: „Warte mal, aber du bist dabei.“ Ich versicherte ihm gleich, dass ich gern jede noch so kleine Rolle übernehmen würde, z.B. den Leichen findenden Sandler. Er: „Nein, du bist der Schrammel“, da ist mir die Lad‘ runtergefallen. Aber am ersten Drehtag habe ich mich sehr schnell in die Rolle reinversetzen können. Es war ein wenig so, wie wenn man plötzlich in seiner Lieblings-Fernsehserie mitspielt. Dieser Witz, dass ein 28-Jähriger den Schrammel spielt, eröffnet natürlich Möglichkeiten für typische Kottan-Witze: Wenn der Kottan einem Kollegen sagt, dass dieser den Schrammel ja eh kennt und der andere dann feststellt, dass der Schrammel jetzt aber ganz anders aussieht, meint Kottan nur lakonisch, dass das halt eine neue Besetzung ist.

Hast du schon einmal daran gedacht, selbst ein Drehbuch zu schreiben oder Regie zu führen?

Ich wollte immer einen Roman schreiben, aber das haben mir andere Leute versaut. Ich möchte auf keinen Fall der nächste halbwegs Prominente sein, der sagt, ich bin ja auch Schriftsteller. Ich glaube, ich warte, bis ich etwas zu erzählen habe. Ich schreibe aber gerne mit, wenn Freunde irgendwelche Projekte haben. Wir haben letztes Jahr zusammen einen Langspielfilm gedreht. Das Ganze hat als Experiment angefangen, wie wenige Leute und wie wenig Zeit und Geld man braucht, um einen langen Spielfilm zu drehen. Wir waren insgesamt acht, inklusive Schauspieler, und haben in fünf Wochen für ganz wenig Geld gedreht. Unlängst habe ich den Film erstmals gesehen. Er ist wirklich fantastisch geworden, auch vom Look her. Ich habe früher viele Studentenfilme gemacht mit Leuten, die ich vorher nicht gekannt habe. Es war schön, die Träume anderer zu verwirklichen aber es ist noch schöner, die eigenen kreativ mit Leuten, die auf der gleichen Wellenlänge sind, umzusetzen. In dem Film, „Adams Ende“, geht es um zwei beste Freunde. Der eine ist in einer Beziehung, der andere nicht. Als der andere eine Frau kennen lernt, fahren sie alle zusammen auf Urlaub. Da brechen die Konstrukte, die man als Mittzwanziger hat, zusammen. Es geht auch darum, dass man als Berliner Bohèmien alles im Überfluss hat und sich seine Probleme quasi selber machen muss, damit man das Leben noch spürt.

Gehört zum „Leben spüren“ auch politisches Engagement dazu?

Ich bin heute mehr denn je ein politischer Mensch. Aber ich kenne mich zu wenig aus in vielen Bereichen, um da jetzt als Prominenter, der auch in der Boulevardpresse vorkommt, schnell ein paar Statements abzugeben. Zu konkreten Fragen habe ich durchaus etwas zu sagen. Aber mich jetzt hinzusetzen und zu sagen, die FPÖ ist Scheiße, das ist einfach fad, weil sich das sowieso jeder denkt, dass ich genau so etwas von mir geben würde. Ich glaube nicht, dass ich das politische Bewusstsein von potenziellen FPÖ-Wählern verändern kann. Ich bin auf dem Land aufgewachsen, da kannst du den Jugendlichen noch so oft sagen, dass eine „bessere Welt möglich ist“, die werden trotzdem FPÖ wählen, weil sie glauben, dass du eine Schwuchtel bist. Vielleicht ist das einzig Politische, das man machen kann, eine Art Leben zu führen, das ja dann durch die Medien gespiegelt wird, wo dann irgendeiner eine Inspiration daraus ziehen kann. Vielleicht verhilft eine einzige Antwort in einem Interview jemandem dazu, etwas anders zu sehen als bisher. Ich finde es immer ein bisschen schwierig, mich als Person des öffentlichen Lebens hinzustellen und Meinungen zu vertreten, die eigentlich Allgemeingut sein sollten, weil das immer nach grauenhafter Selbstpromotion riecht. 

Wie könnte man 18-jährige FPÖ-Wähler erreichen? Hat man mit Popkultur eine Chance?

Vielleicht schon, aber nicht so, wie es hier die Grünen machen. In Deutschland machen das die Leute von der NDP leider sehr gut. Die übernehmen die Jugendzentren in der Provinz. Blöderweise werden sie auch noch teilweise von den Institutionen unterstützt, weil sie im Anzug daher kommen, und die Linken nur halb angetrunken ein buntes Haus fordern. Was ja prinzipiell keine schlechte Idee ist, aber die Bürgermeister fallen dann doch oft auf die Propaganda der Rechten herein, die sagen, dass mit dem bunten Haus die ganzen Drogen und die Kriminellen kommen. Wenn man in konservativen Gegenden die Jugendlichen erreichen will, muss man sich halt auf deren Niveau begeben. Man kann ruhig auch den Alkohol als Verbündeten einsetzen und ihnen einen Zeitvertreib anbieten, den sie akzeptieren können. Auf der anderen Seite muss man aber auch militant gegen den ganzen rechten Scheiß vorgehen, das ist klar. Ich bin ein großer Fan der Antifa in Deutschland, weil es ohne eine starke Antifa in Berlin Bezirke gäbe, wo du gar nicht mehr hingehen könntest. Es muss militante Gruppen geben und Gruppen, die basisdemokratische Arbeit leisten. Aber nicht wie die Sozialdemokraten, die immer so tun, als ob sie alles verstehen würden bei den Jugendlichen. Vielleicht sollte man auf die Kids zugehen und sagen, ok, saufen wir ein paar Bier, gehen wir ein Osterfeuer heizen, und dann reden wir aber über Bakunin und nicht über Horst Wessel.

| FAQ 08 | | Text: Günter Pscheider | Fotos: Stefan Tauber
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