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Scherz lass nie nach

Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: Magdalena Blaszczuk

Ohne Humor keine Freiheit, ohne Kritik keine Demokratie. Und ohne Lieder von Christoph und Lollo wesentlich mehr Langeweile im Leben. Eine Unterhaltung.

Christoph & Lollo © Magdalena Blaszczuk

Wenn wenig bis nichts besser wird, nennen Christoph & Lollo das neue Album natürlich „alles gut“ – nur um dann in 12 Liedern den Stand der Welt auszuloten. Sie sind Fixsterne am deutschsprachigen Humorhimmel südlich der Weißwurstgrenze und begeistern seit den „Schispringerliedern“ bei jedem Auftritt mit Wucht, Witz und – wenn es sein muss – gegenseitigen Vorwürfen. Schon seit der Schule perfektionieren sie die Kunst des Duos. Die Grundlagen dafür sind ihre Schlagfertigkeit, die Bereitschaft, auch selbst einzustecken, die Songs von Lollo und die Rolle von Sänger Christoph, der seinem inneren Stan Laurel sehr viel Platz gibt. Und daher im Zweifel auf die Herzen des Publikums hoffen darf. Sie spielen in Rockclubs und Schutzhäusern, Kabaretts und Volksheimen, Gasthäusern und Theatern; wer sie einmal gesehen hat, hat Lust, den Bühnenmagiern auch das nächste Mal wieder zu lauschen. Und mit ihnen zu lachen.

Nach sechs Jahren war der Druck, ein Album zu veröffentlichen, nicht mehr auszuhalten, und nun ergblickt „alles gut“ das Licht der Öffentlichkeit. Bevor Christoph & Lollo in der Zukunft Preise für ihr Lebenswerk einheimsen werden, war es höchste Zeit, sie zu einem Gespräch einzuladen.

Auf „alles gut“ gibt es drei Lieder, die sich im weitesten Sinn mit der Coronazeit befassen. Ist das ein bewusster Schwerpunkt?

Lollo: Die Lieder waren halt da. Es gab noch mehr, aber bei diesen zwölf Liedern haben wir uns gedacht, die kann man auch noch später gebrauchen, um etwas über die Zeit zu erfahren.

Christoph: Wir sind ja auch Kabarettisten, und in der Branche ist es ja so, dass man ab und zu etwas Aktuelles machen soll. Konkret gibt es TV-Sendungen wie die „Tafelrunde“ oder die „Pratersterne“ – und da wir auch Musiker sind, brauchen wir dann ein Lied.

Auffällig ist, dass es der „Jahresrückblick 2020“ auf das Album geschafft hat. Ist das eine Reverenz an ein besonderes Jahr?

Lollo: Das Jahr 2020 wäre ja schon ohne Corona originell gewesen, und ich dachte, das kann man zusammenfassen, damit man sich das in zehn Jahren anhören oder den Kindern vorspielen kann, und sich erinnert, dass das wirklich alles passiert ist. Wir haben auch ein ganz lustiges Lied über politische Skandale in Österreich, das wir nicht verwendet haben, weil in drei Jahren keiner mehr den Überblick haben wird. Beim Jahresrückblick 2020 geht sich das aber aus.

Christoph: Idealerweise gibt es bei den Zuhörern einen Aha-Effekt. In dem Sinn, dass man sich erinnert, dass das wirklich passiert ist.

Christoph & Lollo © Magdalena Blaszczuk

Die letzte Platte habt ihr vor sechs Jahren veröffentlicht. Gab es schon eine Art von Druck, neue Lieder zu veröffentlichen?

Lollo: Bei uns muss immer Druck da sein, damit wir tätig werden, sonst machen wir gar nichts. Aber es hat erstaunlich lange gedauert, bis jemand gesagt hat „Macht was Neues“.

Christoph: Das ist wiederum dem Umstand geschuldet, dass wir auch Kabarettisten sind. Da ist es ziemlich wurscht, ob es etwas Neues gibt.

Lollo: Der Unterschied ist, dass wir kein fixes Programm haben, es gibt keine Setlist. Ein Kabarettprogramm bleibt ja im Wesentlichen gleich, wenn es einmal fertig ist. Wir haben über 100 Lieder, aus denen wir auswählen können. Und wenn wir an einem speziellen Datum spielen, oder etwas Besonderes passiert, dann können wir darauf reagieren.

Wie seht ihr die Kulturlandschaft nach dem Coronazeit? Einige düstere Prognosen sind ja anscheinend nicht eingetreten?

Lollo: Die Wirtshäuser und die Veranstalter sind mit Geld zugeschüttet worden und haben sich dadurch retten können. Das heißt aber nicht, dass sie nicht jetzt oder im nächsten Jahr in Insolvenz gehen. Was das Publikum und Kulturveranstaltungen betrifft, hat sich aber schon viel geändert: Es gibt diese große Konzentriertheit auf große Namen. Daneben haben viele aufgehört oder sind gezwungen, etwas anderes zu machen. Das Internet in Gestalt von Social Media hat massiv an Bedeutung gewonnen. Was dort funktioniert, funktioniert auch auf der Bühne, und wer im Netz nicht funktioniert, der hat es sehr schwer.

Christoph: Ich glaube, dass das Publikum nicht mehr so weit vorausplant. Früher wurden Karten oft schon ein Jahr im Voraus gekauft. Jetzt wird eher zugewartet, und es ist unsicher, ob Leute kommen oder nicht.

Lollo: Zum Wirtshaussterben hat man hier in Wien ein absolut beschönigendes Bild. In Kleinstädten oder am Land hat die Coronaunterbrechung viel kaputt gemacht. Es gibt auch Häuser, in denen wir aufgetreten sind, die es nicht mehr gibt. Eine Klage, die ich oft höre, ist, dass der Kegelverein oder der Chor nicht mehr zur Nachbesprechung kommen und drei Bier trinken und ein Schnitzel essen, sondern einfach heimgehen.

Christoph: In diesen drei Jahren sind ja auch Leute gestorben, auch ohne Corona. Die kommen nie mehr.

Lollo: Gestorben sind die Leute immer.

Lesen Sie das vollständige Interview in der Printausgabe des FAQ 77

 

Christoph & Lollo
„alles gut“
(Kazuyoshi Records)
www.christophundlollo.com

 

| FAQ 77 | | Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: Magdalena Blaszczuk
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