Startseite » Sie ist Heldin

Sie ist Heldin

Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: Press

Judith Holofernes hat schon alle Höhen und manche Tiefen des Musikerinnendaseins erlebt. Mit Wir sind Helden schaffte sie binnen kürzester Zeit mit Songs wie „Denkmal“ oder „Guten Tag“ den Sprung von den Clubbühnen in die Stadthallen des deutschen Sprachraums. Die Gruppe wurde zu beliebten Headlinern im sommerlichen Open Air Zirkus. Mit Auszeichnungen wurde die Band beinahe erschlagen, aber Anfang 2012 wurde eine unbestimmte Pause ausgerufen.

Die Band hatte sich auseinandergelebt und der dauernde Einsatz verlangte seinen Tribut. Aus der Zeit der letzten Tourneen kann Judith Holofernes Geschichten erzählen, die im Lehrbuch des Tourlebens noch nicht erwähnt wurden. Beispielsweise vom Stillen des Nachwuchses vor dem Zugabenblock. Da kann der gewöhnliche, dem Alkohol zugeneigte Rocker wohl nicht mithalten.

In der Pause kam nun mit der Ruhe wieder die Musik zu Holofernes zurück. Aus dem Gang in den Proberaum entwickelten sich Songs und aus den Songs entstand Ein leichtes Schwert, die erste Soloveröffentlichung von Judith Holofernes in diesem Jahrtausend. Und wer die Wiederkehr des Immergleichen erwartet hat, wird bitter enttäuscht. Ein leichtes Schwert ist eines jener Debüts, mit dem alle Ideen, die in der Band keinen Platz hatten, endlich verarbeitet werden konnten und die neue Freiheit in vollen Zügen genossen werden kann. Die Mittdreißigerin schafft dabei ein kleines Wunder, denn in ihrer Vorstellung von Pop hat Jammern keinen Platz und ihre Grundhaltung ist ein klares Bekenntnis, dem Weltschmerz zu trotzen: Liebe trotz Kinder im Haushalt, Verspieltheit trotz Verantwortung und Leichtigkeit trotz Kreuzweh. Aus dieser Spannung schafft Holofernes Kleinode des deutschen Pop wie „Liebe Teil 2“, die dem Hörer nur vor eine Entscheidung stellen: mitlachen oder mitsingen.

Auch wenn Sie sich Ihren Lieblingsautoren widmet, findet die Charmebombe Zeilen, die wir uns nur selten zu denken wagten. Ein gehauchtes „Johnny Franzen / Meine Langmut hat Grenzen“ lässt auch den letzten Griesgram dahinfließen und verleiht der Forderung der Verleihung der Auszeichnung Nationaldichterin neue Nahrung. Goethe hätte sicher nichts dagegen.

Judith Holofernes: Ein leichtes Schwert (Four Music /Sony)

| FAQ 26 | | Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: Press
Share