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Siebdruck braucht kana ...

Text: Carola Leitner | Fotos: Magdalena Blaszczuk

Der renommierte Galerist und Kunstsiebdrucker Andreas Stalzer schließt Galerie und Werkstatt nach über 25 Jahren erfolgreicher Arbeit. Das neue Projekt: Kunst und Natur als sich ergänzende Elemente sollen zu einem Museum vereint werden.

Wie Sie mit Ihrer Druckwerkstatt begonnen haben, wurde Ihnen gesagt: „Herr Stalzer, Siebdruck braucht kana …“

Ja, das war der Wind, der mir in den Achtzigern entgegenblies, aber diese Einschätzung hat sich als Irrtum erwiesen, wie mir laufend bestätigt wird. Ich habe damals um eine Förderung angesucht und bin schulterklopfend bemitleidet worden. Das waren die Anfänge … (überlegt) Ich habe das große Glück gehabt, dass ich in Amerika und in Holland das Drucken und die Grafik kennen gelernt und gespürt habe, dass die Druckgrafik gebraucht wird. Aufgrund der phantastischen oder eigentlich fanatischen Realisten war der gesamte Druckmarkt in Österreich zusammengebrochen, da alles in riesigen Auflagen gedruckt worden ist. Als diese vergriffen waren, wurde das Ganze noch mal mit einem leichten Farbwechsel wiederholt. Unter diesen Missständen hat das Vertrauen in die Druckgrafik sehr gelitten. Zu jener Zeit habe ich begonnen, in Wien zu arbeiten, in dem Bewusstsein, einen ganz sorgsamen Umgang mit der Druckgrafik zu bewahren. Ich habe die Künstler erst dazu zwingen müssen, wieder original für die Grafik zu arbeiten. Sie haben es anfangs nicht glauben wollen, dass sie wieder in der Werkstatt stehen müssen. Das war ein Lernprozess, den die Künstler mit mir durchlebt haben. Auch das Unterschreiben und wie die Druckformen nach Fertigstellung vernichtet werden, damit kein Nachdruck möglich ist, all das war in Vergessenheit geraten. Der Käufer will die Sicherheit haben, dass nicht mehr Blätter als die angegebenen existieren. Ein Beispiel: Marino Marini hat einmal die alte Druckplatte einer Auflage, die bereits vergriffen war, durchgestrichen, und mit genau dieser Platte wurde ohne sein Wissen, posthum, eine zweite Auflage gedruckt – noch teurer. Weil zwei Striche von ihm mehr wert sind … Aber ursprünglich wollte er mit den Strichen die Platte unbrauchbar machen. Der Markt geht hier sehr leicht in die Brüche, und das Vertrauen in die Druckgrafik verschwindet. Ich habe für meine eigenen Druckgrafiken, mittlerweile sind es 1400 in 25 Jahren geworden, einen eigenen Prägestempel, der am Blatt dokumentiert, dass etwas aus meiner Druckwerkstatt stammt. Noch in 100 Jahren kann man in meinen Archiven nachforschen, welches Papier verwendet wurde, wann und warum der Künstler das Bild gemacht hat, und so weiter.

Ihr eigentlicher Wunsch war, selbst Künstler zu werden …

Ich komme aus dem Musikbereich, der mich weitergespielt oder -geführt hat in die Darstellende Kunst. Anfangs habe für mich selber sehr viel gemalt, bin aber am Begriff Originalität hängen geblieben. Ich habe mir immer gedacht, wenn es eine gute Bildidee gibt, dann möchte ich, dass viele Menschen erreicht werden und bin so automatisch auf den Siebdruck gestoßen, weil das ein Druckverfahren ist, bei dem die technischen Voraussetzungen den geringsten Aufwand darstellen. Das kann man zu Hause auf einem Tisch machen, wenn man einen Holzrahmen hat, ein Gewebe draufspannt und die Farbe durchquetschen kann. Die ersten Versuche entstanden an meinem Küchentisch, wo ich meine eigenen Arbeiten gedruckt habe. Schlussendlich bin ich mehr und mehr in die Technik hineingekippt und habe mein eigenes künstlerisches Wollen vergessen. Ich bin auf die Grafische Lehr- und Versuchsanstalt gegangen und habe dort nach meiner regulären Matura noch die Fachmatura gemacht und als Meister für Drucktechnik abgeschlossen. Während der Ausbildung bin ich zum Glück draufgekommen, dass es bessere Künstler gibt als mich, und habe begonnen für Künstler zu drucken. Es ist mein Voyeurismus, dass ich täglich mit einem anderen Künstler und seinen Bildinhalten und Ideen leben und arbeiten durfte. Ich habe nicht Kunstgeschichte studiert, sondern sie gedruckt! Das ist nach wie vor ein großer Anreiz bei der Arbeit, sich hineinzudenken, in der Bilderwelt anderer aufzugehen und als Handwerker des Künstlers und Mitstreiter bei der Entwicklung eines Bildes mitzuarbeiten.

Was bedeutet der Begriff „Original“ für Sie in Hinblick auf Ihre Arbeiten?

Ein Original ist ein Unikat. Ein Ölbild, das an der Wand im Louvre hängt, erreicht ein großes Publikum. Es kann aber genauso gut in einem Depot im Museumskeller verstauben, was leider öfter der Fall ist. Es geht um Erreichbarkeit. Ein Kunstwerk ist nicht aus therapeutischen Gründen vom Künstler geschaffen worden, oder um die Eitelkeiten von bestimmten Sammlern zu befriedigen, sondern um Inhalte zu transportieren – und das kann es nur, wenn es ein großes Publikum erreicht. Da bietet sich die Druckgrafik an. Hier gibt es die Unterscheidung von normaler und Original-Druckgrafik. Das ist eine Art Mittelding, so wie Beuys gesagt hat: „Ich drucke eine Auflage, die ist limitiert von 1 bis einer Tonne“, damit sprengt er den Gedanken der Originalität. Er meinte damit, so viel zu drucken, wie gebraucht wird. Das wäre natürlich das Idealziel auch für mich gewesen, aber davon kann man nicht leben! Originalgrafik bedeutet auch, dass der Künstler selbst an jedem Blatt Hand anlegen muss, der Künstler tauscht quasi das Atelier gegen die Druckerei, und anstatt den Pinsel zu nehmen, nimmt er mich und die Möglichkeiten, die der Siebdruck bietet. Die Entscheidungen, die der Künstler zur Entwicklung des Blattes trifft, entstehen während der gemeinsamen Arbeit daran.

Die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und den Künstlern klingt nach einer sehr engen, nahezu intimen Beziehung?

Es ist bei allen Künstlern, mittlerweile ca. 400, ein sehr erotisches Verhältnis, weil man gemeinsam nach einer Sprache sucht und entwickelt. Es ist eine sprachlose Verständigung. Man braucht sich nur mehr anzusehen und weiß, welcher Farbton gemeint ist. Beim ersten Andruck genügt es oftmals, nur zu spüren, wie der Künstler reagiert: Ist es das, was er erwartet und erhofft hat? … Es ist eine ungeheure Intensität, die im Umgang mit dem Künstler entwickelt wird. Ein guter Drucker muss nicht der technisch Beste sein, sondern der Einfühlsamste.

In Ihrem Portfolio gibt es sehr bekannte Namen wie Nitsch, Rainer, Gironcoli, aber auch viele unbekannte – gibt es eine Linie, die Sie verfolgen?

Ja, das ist mit ein Grund, warum ich mich jetzt auf ein Museum stürze, weil ich einen Raum schaffen möchte, der jenseits des Verkaufenmüssens steht. Damit fällt dieses Sich-Anbiedern an große Namen weg. Ich wollte mit jungen Künstlern arbeiten und nicht bereits arrivierten und bekannten Künstlern eine zusätzliche Plattform bieten. Kaufmännisch gesprochen funktioniert es so, dass ich mit einem Drittel sehr bekannter Künstler zwei Drittel unbekannte junge Künstler mittrage. Die Aufmerksamkeit bekannter Namen färbt auf die unbekannten ab, also gibt es Synergien. Es entsteht ein Austausch zwischen den Künstlern. Die Frage, wie geht jeder Einzelne an die Druckgrafik heran, ist ein ständiger Diskussionspunkt. Unerwartete, spontane Ideen kommen oft von jungen Menschen, die wiederum mich faszinieren, weil sie viel Neues in die Arbeit einbringen. Oft steht das Wissen über die Technik im Weg. Wenn man aber wenig Ahnung von etwas hat, ist der Zugang unbefangener und ungebunden.

Der Wiener Kunstmarkt ist eher überschaubar, wirkt sich das auf den Galeristen aus?

Eher nicht. Albert Oehlen, mit dem ich viel gearbeitet habe, hatte ein sehr großes Atelier in Nussdorf. Er hat einmal etwas sehr Richtiges gesagt: Wien ist der beste Ort für mich, um Kunst zu machen, aber nicht zum Verkaufen. Die österreichische Galerienszene ist weltweit gesehen wohl noch eher bedeutungslos, aber das zu ändern, daran arbeiten die Kollegen heftigst – mit Erfolg!

Das heißt, wenn man es als junger Künstler hier geschafft hat, ist noch nicht viel erreicht?

Wenig, vor allen Dingen, wenn man unsere Stars anschaut: die Lassnig kennt man in Deutschland kaum noch. In Amerika sind Erwin Wurm, Otto Zitko und Franz West diejenigen, die durchgedrungen sind. Man sollte es nicht glauben, aber Namen wie Hermann Nitsch und Arnulf Rainer sind außerhalb von Österreich nicht sonderlich bekannt. Es gibt ein World-Ranking … dort kann man sich anschauen, wie die österreichische Kunst im Vergleich darnieder liegt.

Wie findet man junge unbekannte Künstler?

Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, ich bin ständig auf der Suche. Wenn man eine Galerie hat, kommen die Künstler auf einen zu. Ich war gerade in Istanbul, um neue Künstler zu suchen und um meinen Horizont zu erweitern. Wenn man so lange im Geschäft ist wie ich, dann kennt man die Leute, und wenn sich jemand für Druckgrafik oder experimentelle Ausstellungen, wie ich sie mache, interessiert, dann findet man sich.

Sie legen einen Maßstab an und entscheiden: Das interessiert mich. Kann man diese Auswahl als Art Zensur betrachten?

Ich kann mich nur auf meine subjektive Entscheidung berufen, wenn ich mich entschließe, eine Arbeit zu verlegen oder mit einem Künstler zusammenzuarbeiten. Man kann es fast als Zeremonie, als Abendgebet betrachten, die Auswahl, die man trifft. Manchmal habe ich auch explizit versucht, mich für eine Arbeit zu entscheiden, die ich eigentlich nicht machen wollte. So entstanden Arbeiten, zu denen ich keinen Bezug hatte. Eben diese haben sich oft als stark und überzeugend herausgestellt. Es ist nahezu unmöglich, die eigenen Wertungen und Urteile außen vor zu lassen, obwohl man das natürlich permanent versucht.

Der Drucker bleibt meist im Hintergrund – tut das manchmal weh?

Nein. Dazu eine Geschichte: Ich habe mit Franz West eine Auflage gedruckt, und der ORF sollte filmen, während dem West beim Signieren vom Er&Ich die Haare geschnitten werden. Ich, in meiner Funktion als Drucker, sollte dem Künstler die Blätter reichen. Als mich der ORF-Mann sah, sagte er: „Nein, das geht nicht, so einen hässlichen Drucker können wir nicht nehmen, das passt nicht ins Klischee.“ (lacht) Also haben sie einen blonden Hünen hingestellt, der mich gemimt hat. Das war mir egal, ich bin erst dann ins Bild gekracht, als vor laufender Kamera immer weitere Blätter, mehr als die vorgesehene Auflage, von West signiert und verschenkt wurden! Es gibt immer mehr Drucke als notwendig, für den Fall … Mein kleiner Auftritt wurde natürlich rausgeschnitten. Mir genügt es, die Druckgrafik mit dem Künstler gemeinsam auf die Welt zu bringen. Nach Fertigstellung bin ich gedanklich meist schon beim nächsten Projekt. Mein Stolz findet in meinem kleinen Prägestempel Platz, der darauf verweist, dass ein Blatt von mir gedruckt wurde!

Ist es ein für Österreich typisches Schicksal, im Ausland größere Anerkennung zu erfahren?

Nicht unbedingt, das liegt eher an mir. Die Doppelbelastung von Druckwerkstatt und Galerie hat damit zu tun. Kollegen, die sich ausschließlich auf eine Galerie konzentrieren, auf Messen fahren und ein einheitlicheres Programm haben sowie die Pressearbeit ernster nehmen, sind naturgemäß viel präsenter als ich.

Sie haben viel mit der Druckgrafik experimentiert. Sie haben zum Beispiel auf Wasser oder mit Schwarzpulver gedruckt.

Das Drucken auf Wasser wollte ich mir anfangs patentieren lassen, aber das hat sich in der Folge als sehr mühsam herausgestellt. Dann habe ich es gelassen. Mit Schwarzpulver habe ich ein Porträt von Adolf Hitler für die Aufführung des Theaterstücks „Zwölfeläuten“ von Heinz R. Unger gedruckt. Der letzte Satz im Stück, vom Altbauern gesprochen, geht in etwa so: „Verbrennt‘s das Bild vom Hitler“, dann korrigiert sich der Alte und sagt: „Nein, gebt‘s das Bild in den Keller, vielleicht brauchen wir es noch einmal.“ Zu dem Zeitpunkt hat es der Jungbauer aber schon angezündet. Das Schwarzpulver war als Druckfarbe auf einem speziellen Linienraster aufgebracht, wo die einzelnen Punkte miteinander verbunden waren. Wenn man es an einer Stelle angezündet hat, ist das ganze Bild aufgezischt. Das ging ganz schnell, und zurück blieb ein Bild, das aussah wie ein uraltes braunes Sepiafoto. Das war der Überraschungsgag am Ende eines jeden Theaterabends.

Im Zuge dieser Aufführung haben Sie auch mit Zebrastreifenfarbe gearbeitet.

Um die Zufahrtsstraße zum Aufführungsort, einem Steinbruch in Gießhübl, zu beschreiben, haben wir alle acht Meter Symbole aus der Kriegszeit auf den Asphalt gedruckt. Die Pummerin, eine Spendendose für die Kriegsopfer, Weltempfänger und noch ein viertes Symbol. Das war eine herausragende Erfahrung für mich, weil man sich als Drucker kaum aus den eigenen vier Wänden hinausbewegt. Diese Erfahrung war sehr wichtig für mich, auch wenn sie ungemein schmerzhaft war. Ich habe dort auf der Straße einen Alltagsfaschismus kennen gelernt, den ich so nicht erwartet hätte. Es wird – meines Wissens – heute noch vom rechten Eck der Gemeinde Gießhübl die Bezahlung von Künstlern verhindert – unter dem Überbegriff „Entartete Kunst“. So soll das Hinauswerfen von Steuergeldern verhindert werden.

Ich bin dort auf der Straße physisch und psychisch angegriffen worden. Als Drucker hat man mich mit dem Künstler bzw. Verursacher gleichgesetzt. Da zu allem Überfluss der gesamte Verkehr während meiner Arbeit lahmgelegt wurde, war auch ein Grundzorn vorhanden, der sich dann entladen hat. Es war nicht nur der Reiz, mit Zebrastreifenfarbe zu drucken, sondern es war auch sicher mein schönster Arbeitsplatz. Wo sonst kann jemand siebdrucken mit Blick über Wien, mitten in der Wiese … herrlich!

Nach über 25 Jahren werden Sie in etwa einem halben Jahr den Laden zusperren – warum?

Ich habe vorhin schon kurz angesprochen, dass ich ein Museum plane. Allerdings, das sei vorausgeschickt, ich werde mich nur zurückziehen. Das Drucken ist meine Leidenschaft, das wird bleiben. Ich werde mir einen Handdrucktisch aufstellen, mit dem ich hausieren gehen kann. Den kann ich im Museum aufstellen, wann immer ich Lust habe oder eben hier in Wien damit arbeiten. Die Arbeit mit den Künstlern wird bleiben, das ist der rote Faden. Das Museum selber ist eine Art Lebenstraum von mir und soll als Grundidee den Berührungspunkt von Kunst und Natur erarbeiten. Das ist die Überschrift, von der ich mich mittlerweile ein wenig entfernt habe. Ich komme gerade drauf, dass es nicht so sehr als Museum definiert werden soll, sondern eher als Labor, als Forschungsuniversität, um Fragen nachzugehen wie: Was bedeutet Natur, was bedeutet Kunst? Das Museum soll ein Ort sein, wo Antworten zu nicht gestellten Fragen überlegt werden sollen. Oder auch zu nicht erdachten, nicht gefragten Fragen … etc. Vielleicht ist es nur die Achtsamkeit, die uns fehlt, um Natur und Kunst überall und in jeder Situation wahrzunehmen. Ist das Tafelbild an der Wand Kunst, oder ist es all das, was uns permanent umgibt? Für diese Art Fragen, möchte ich eine Plattform, ein Diskussionszentrum in Europa schaffen, das noch in 400 Jahren existieren soll, um diesen Dingen auf den Grund zu gehen – das ist mein größtes Ziel!

Wie weit ist das Museum in Limbach bereits gediehen?

Der Umbau bzw. die Erweiterung des Vierkanters ist bereits eingereicht und genehmigt, seit Februar wird gebaut. In der ersten Bauphase wird eine große Gemeinschaftsküche entstehen, das stellt für mich etwas sehr Zentrales dar. Weiters wird es eine große Bibliothek und mehrere kleine Privaträume geben. Der Vierkanter hat zwei riesige fertige White Cubes zu je 100 Quadratmetern, das sind vorhandene Traktorenställe, die man sofort bespielen könnte. Am liebsten würde ich mit Anish Kapoor beginnen, er sollte mit seiner Vaselinekanone die Wände beschießen, dann erübrigt sich das Ausmalen von selbst. Vielleicht kann man die Frage, wie richtet man ein Museum nicht her, bereits als Beginn sehen. In dem Moment, wo man etwas als White Cube definiert, kann man es nur mehr dementsprechend gestalten. Das Gebäude von Christo einpacken zu lassen und es als Landart-Projekt zu präsentieren, ist auch möglich. Das sind Gedanken, die mir während der Projektphase durch den Kopf gehen. Diese Gedanken sollen in ca. drei Jahren abgeschlossen sein, und in vier bis fünf Jahren soll das Museum so stehen, dass es einen Sinn ergibt, dort die Diskussion zu starten. Das Thema „Kunst und Natur“ muss grenzüberschreitend sein, das geht auch für mich in die Religion, es soll ein Zentrum werden, wo international gearbeitet wird. Acht kleine Zimmer entstehen, Klosterzellen, wo man sich zurückziehen kann, aber auch Ateliers sind im Werden.

Wie ist all das zu bewältigen?

Ich stehe mit der Idee und Realisierung des Museums gemeinsam mit meiner Frau Isabelle nicht alleine, ich habe tolle Menschen, die mich begleiten und umgeben, etwa Harald Woschitz von der Firma Impulsberatung. In unserer Zusammenarbeit geht es darum, Visionen auf die Ebene der Realisierbarkeit zu führen. Sich selbst zu erhalten, ohne auf Förderungen angewiesen zu sein. Das sind durchwegs interessante Herangehensweisen, wie er versucht, die Ideen zu kategorisieren und greifbar zu machen. Im Grunde macht er nichts anderes, als mir bewusst zu machen, was auf mich zukommt (lacht)!

Als psychologisches Moment?

Genau. Es geht darum, meine Kapazität voll auszuschöpfen und richtig damit umzugehen. Was sind meine Schwächen und Stärken, und wie können Schwächen ausgeglichen werden. Das Museum soll auch eine Bar haben. Wer soll das betreuen? usw. Der Begriff „Bar“ kommt aus dem Wilden Westen, wo sich die Barkeeper hinter einer Barriere verstecken musste, um die Lebenserwartung zu erhöhen. Es ist eine künstlerische Herangehensweise, wo man nicht unterscheiden kann, ist man im Museum oder nicht. Der Alltag wird auch zur Kunst!

Wie spielen für Sie Natur und Kunst zusammen?

Natur und Kunst treten dann deutlich vor Augen, wenn man vor einem Bild steht und tief einatmet. Wenn einem die Luft wegbleibt, man Herzrasen bekommt. Wenn man etwas ganz Bestimmtes sieht oder wahrnimmt. Das kann ein Bild an der Wand sein, aber auch eine Erfahrung, ein Erleben.

Wie kam es zur Idee des Museums? Galerie und Werkstatt funktionieren gut – warum hört man mit etwas auf, das so gut funktioniert?

Ich transferiere die Werkstätte. Das Drucken, das mir sehr am Herzen liegt, reduziere ich auf ein Minimum. Nach 25 Jahren habe ich gespürt, es muss noch etwas anderes geben, als nur Bilder zu machen und noch mehr Bilder. Man fragt sich: Was habe ich erreicht, und wie wirkt das? Vor lauter Produzieren habe ich selten über meine Arbeit reflektiert. Und ein Museum stellt die Möglichkeit dar, sich ausschließlich der Betrachtung zu widmen. Ein wichtiger Aspekt für mich ist, dass der Druck des Verkaufenmüssens in einem Museum nicht gegeben ist. Es ist eine Freiheit – ich weiß ja, dass viele Kunden große Schwellenangst haben, eine Galerie zu betreten. Unter dem Motto, wenn ich nichts kaufe, habe ich dort nichts verloren. Und diese Angst fällt bei einem Museum weg.

Wohl auch weil man schon Eintritt bezahlt hat?

Ja, auch, aber ich möchte versuchen, ein Museum ohne Eintritt zu schaffen. Es wird nicht vom Besucher erwartet, dass er etwas kauft, im Gegenteil, dem Besucher wird auf dem Silbertablett etwas angeboten, und man braucht es nur annehmen. Das ist ein großes Ziel – und eine Conclusio zu den 25 Jahren.

Das klingt nach Interaktion zwischen Besucher und den Inhalten des Museums.

Ja, wobei die Inhalte alles sein können: Gräser zum Beispiel. Es wird einen sehr großen Garten geben. Das Tolle am Burgenland ist ja, dass es dort ein zaunloses Leben gibt. Die 4000 Quadratmeter gehen nahtlos in Wälder und Felder über. Man weiß dann nicht, wo das Museum anfängt und wo es aufhört. Es soll keine Grenze geben zwischen Alltag und Museum, also wenn der Besucher nachhause fährt, soll er dieses Gefühl mit nachhause nehmen. Ich hoffe wirklich sehr, dass das gelingt!

| FAQ 11 | | Text: Carola Leitner | Fotos: Magdalena Blaszczuk
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