Der Schwerkraft trotzende Entwürfe und Kleider, die wandelnden Kathedralen gleichen. Innovation, Konstruktion und Applikation sind die heilige Dreifaltigkeit des spanischen Modelabels DELPOZO.
Wie wichtig ist das Erbe, wenn es um ein Modelabel geht? Manche Designer übernehmen eine Marke, ohne dabei deren DNA zu verändern. Manche krempeln alles um und schlagen komplett andere Richtungen ein. Und wieder andere bauen darauf auf und erfinden sich gleichzeitig ganz neu. So geschehen bei dem Luxuslabel Delpozo.
Wenn man heute über das spanische Modelabel schreibt, müsste man es eigentlich Delpozo 2.0 nennen. Denn dessen Geschichte spielt in zwei Akten. Das von Jesús del Pozo in Madrid gegründete Unternehmen existierte bereits in den 1970er Jahren, wo es einen hohen Bekanntheitsgrad erreichte und sich mit dutzenden Awards rühmen durfte. Allerdings ging der Erfolg nie über die Grenzen Spaniens hinaus. Nach dem Tod des Gründers wurde es ein paar Jahre still um das Unternehmen. Bis es 2013 sein großes Revival feierte. Für manche schoss es aber auch erst frisch aus dem Boden. Kritiker wie Journalisten lobten den ersten großen Auftritt auf das Blumigste. Einen sehr großen Anteil an diesem Erfolg hat der neue Chefdesigner Josep Font. Es ist wohl nicht übertrieben zu sagen, dass durch ihn die Renaissance der vier Jahrzehnte alten Marke begann. Vorzuweisen hatte er Erfahrung im Haute-Couture-Bereich sowie ein Studium in Architektur und Modedesign – eine Mischung, die in den Entwürfen für Delpozo ihre volle Blüte entfaltet. Schon der erste Coup Fonts war ein großer Schritt zur globalen Marke. Die Kollektionen wurden fortan auf der New York Fashion Week gezeigt, was in doppelter Hinsicht Vorteile mit sich brachte. Erstens präsentierte man sich so vor einem Millionenpublikum, zweitens stechen die knalligen, fantasievollen Entwürfe bis heute heraus aus der minimalistischen New Yorker Modeszene. Manche Entwürfe wirken, als würden sie den Gesetzen der Schwerkraft gar nicht unterliegen und faszinieren durch ihren Ideenreichtum. Skulpturale Mäntel, die auch bei Bewegung ihre Form nicht verlieren, sind regelmäßig zu sehen. Mehrere Lagen bunter Seide, die zu üppigen Schleifen drapiert werden und immer wieder auch Kleider und Westen aus besticktem Tüll, der schwerelos um den Körper zu kreisen scheint. „Wie macht er das?“ ist die Frage, die man sich bei jeder Kollektion mindestens einmal stellt. Von den Farben und Formen berauscht, will man die Kleidung anfassen und erforschen. Und bekommt dabei das zurück, was in der Mode meistens viel zu kurz kommt: Spaß.