Im Jahr 2001 kamen immer mehr jener Fälle ans Tageslicht, bei denen offenkundig wurde, dass sich katholische Priester des sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen schuldig gemacht hatten. Auch in der Redaktion der renommierten Tageszeitung „Boston Globe“ wird man auf die Geschichte aufmerksam. Der neue Chefredakteur Marty Baron (Liev Schreiber) hegt jedoch den Verdacht, dass die Erzdiözese seit vielen Jahren mitgeholfen hat, die Vorfälle systematisch zu vertuschen. Er beauftragt die Mitarbeiter von „Spotlight“, eine Abteilung, die sich auf investigative Reportagen spezialisiert, sich eingehender mit der Sache zu befassen. Eine durchaus brisante Aufgabe, denn die katholische Kirche spielt im gesellschaftlichen und politischen Leben Bostons eine bedeutende Rolle und der Erzbischof, Kardinal Bernard Law, ist eine Respektsperson mit großem Einfluss. Doch dessen ungeachtet macht sich das kleine Team, das aus Ressortleiter Walter Robinson (Michael Keaton) sowie den Reportern Michael Rezendes (Mark Ruffalo), Sacha Pfeiffer (Rachel McAdams) und Matt Carrol (Brian d’Arcy James) besteht, umgehend an die Arbeit. Was sie im Zuge ihrer Recherchen herausarbeiten, nimmt jedoch eine dermaßen ungeheuerliche Dimension an, dass es selbst die erfahrenen Journalisten überrascht. Tom McCarthy hat mit Spotlight die auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte um den Missbrauchsskandal, der die Katholische Kirche erschütterte, als betont nüchternes Drama in Szene gesetzt. Auf dramaturgische Kunstgriffe wird dabei verzichtet, die Inszenierung zeigt die Arbeit der Reporter als oft mühevolle Detailarbeit, mit der wie bei einem Puzzle das Gesamtbild erst nach und nach zusammengefügt werden muss. Doch gerade durch diese Nüchternheit entwickelt der Prozess des Suchens nach der Wahrheit Spannung von höchster Intensität. In der Aufbereitung eines brisanten gesellschaftspolitischen Themas mit den Mitteln hochklassigen (Genre-)Kinos knüpft Spotlight an die Tradition jenes „Message Cinema“ an, das durch Regisseure wie Robert Wise, Sidney Lumet, Richard Brooks, Alan J. Pakula, Norman Jewison und Sidney Pollack maßgeblich geprägt wurde und einen festen Platz im US-amerikanischen Kino einnimt. Spotlight verweist dabei auf die Bedeutung von integerer journalistischer Arbeit, die damit die viel zitierte Kontrollfunktion der Medien wahrnehmen und so als „Vierte Gewalt“ einen integralen Beitrag zum Funktionieren eines demokratischen Systems leisten kann. Mit der so demonstrierten klaren Haltung und der unprätentiösen Inszenierung – zu deren Gelingen das Ensemble, das einige der besten Schauspieler, die das amerikanische Kino derzeit aufbieten kann , wesentlich beiträgt – erinnert Spotlight an All the President’s Men, mittlerweile ein Klassiker des „Message Cinema“.
Spotlight
Drama, USA 2015 – Regie Tom McCarthy
Drehbuch Josh Singer, Tom McCarthy Kamera Masanobu Takayanagi
Musik Howard Shore Production Design Stephen Carter
Mit Michael Keaton, Mark Ruffalo, Rachel McAdams, Brian d’Arcy James, Liev Schreiber, John Slattery, Stanley Tucci, Billy Crudup
Verleih Constantin Film, 128 Minuten