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Sweet Home Ahoi

Text: Oliver Stangl | Fotos: Gestalten Verlag
© Tod Seelie, gestalten2017

Die Hundstage kommen immer früher, die Städte stimmen angesichts der Hitze oft schon Anfang Juni ein kollektives Stöhnen an. Wäre es da nicht praktisch, sich gleich direkt von der Wohnung aus ins kühle Nass zu begeben oder mit dem Hausboot Flusslandschaften zu erkunden? Verlockend wäre das definitiv, doch nicht nur aus Gründen der Kurzweil – denn dass schwimmende Behausungen auch überaus stilvoll und innovativ sein können, demonstriert ein schöner Bildband aus dem gestalten Verlag. Mehr als 40 Beispiele machen klar, dass Minimalismus in Sachen „Wasserwohnung“ ebenso möglich ist wie Luxus oder ein künstlerisches Statement. Zudem könnte ein „floating home“ angesichts steigender Meeresspiegel in Zukunft eine Alternative zu einem fest verbauten Heim sein. „Rock the Boat“ bietet einen Überblick mit einer Vielzahl an Fotos und informativen Texten, die Autorin Alisa Kotmair verfasst hat.

Es muss nicht immer gleich ein Eigenheim sein: Die Boutique Barge am Londoner Regent’s Canal etwa ist auf einem Narrowboat untergebracht – und die Definition von hip. Im Inneren regieren skandinavischer Chic, monochrome Farben und Retromöbel, die Einrichtung spielt alle Stückeln: eine voll funktionsfähige Küche ist ebenso vorhanden wie eine begehbare Dusche und ein King-Size-Bett. Die Boutique Barge ist das erste Schiff einer geplanten Flotte, weitere Schiffshotels sind in York und Bristol geplant. Der Aufenthalt ist – typisch London –, nicht ganz billig, aber eine spezielle Erfahrung.

Wenn man am Wasser wohnen und dabei das Nordlicht bewundern möchte, kann man dies an Bord der der Vulkana tun, einem ehemaligen Fischereiboot, das im norwegischen Tromsø vor Anker liegt. Das Schiff wurde vom finnischen Architekten Sami Rintala und dem norwegischen Bootshersteller Gunnar Eldjarn in ein schwimmendes Spa umgewandelt. Das Boot strahlt nicht nur durch seine Brauntöne, die sich edlen Hölzern verdankt, Wärme aus – auch ein türkisches Dampfbad befindt sich an Bord. Als zusätzliches Hightlight ist eine finnische Sauna mit Panoramafenstern vorhanden. Besucher können entweder stundenweise vorbeischauen, um die Sauna zu besuchen oder mit dem Schiff auf Tour gehen – um, wie schon erwähnt, das Nordlicht zu genießen.

Inspiriert vom berühmten amerikanischen Schriftsteller, Philosophen und Einsiedler Henry David Thoreau („Walden“) ist die Floating Cabin „Walden Raft“ am Lac de Gayme im französischen Auvergne. Die Designer Elise Morin und Florent Albinet verpassten der Installation ungefähr dieselben Maße wie Thoreaus legendärer Hütte (4 x 2,5x 4 Meter) und setzen auf Transparenz, die durch einen Mix aus recyceltem Holz und Acrylglas gewährleistet wurde. Holz und Glas wurden abwechselnd verbaut, sodass man an vielen Stellen ins Innere sehen kann. Spannend auch die Überlegungen der Designer: „,Walden Raft‘ ist ein Nicht-Raum, dessen Position sich unaufhörlich verändert. Es ist weder öffentlicher noch privater Besitz, der sich nicht ganz außerhalb und nicht ganz innerhalb der Welt befindet. Es ist ein Zwischenraum, ein Ausblicksposten, von dem aus man Ausschau halten kann, wenn man akzeptiert, dass man dabei auch gesehen wird.“

Vollständiger Artikel in der Printausgabe

 

RocktheBoat_Cover.jpg 

Rock The Boat

Boats, Cabins And Homes On The Water

gestalten, Berlin

272 Seiten, € 39,90

| FAQ 53 | | Text: Oliver Stangl | Fotos: Gestalten Verlag
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