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Taschensinfonien des Schmerzes

Text: Koroschetz Stefan | Fotos: Dominik Schmidt
Perfume Genius © Dominik Schmidt

Wir befinden uns im New Yorker Club Brook-lyn Steel am 16. Mai dieses Jahres, was heutzutage mittels YouTube bekanntlich kein Problem darstellt. Zu Klavierklängen betritt ein attraktiver Mittdreißiger in einem seltsamen, bodenlangen Nadelstreifkleid, dessen Oberteil wegen der nicht vorhandenen Brüste auffällig nach vorne hängt, die Bühne, und beginnt die Show konsequent mit „Otherside“, dem ersten Stück seines neuen Albums No Shape. Dabei bewegt sich Mike Hadreas somnambul lasziv, völlig in den Song versunken. Man kann förmlich spüren, wie hier einer als Performer seiner eigenen Musik eine beinahe magische Präsenz entwickelt und eins wird mit seiner Band. Nach „Otherside“ ein schüchternes „Thank you all for coming“ zum Publikum, und weiter geht diese leidenschaftliche, den Schmerz, die Hingabe und die Liebe zelebrierende Prozession.

Internet-Rundumversorgung

Angesichts der Alles-immer-Verfügbarkeit medialer Inhalte zeigt sich in solchen Momenten der Recherche (bei all den unbestrittenen überwiegenden Vorteilen) auch ein Nachteil der Internet-Rundumversorgung: Man weiß schon heute genau, wie das Konzert von Perfume Genius im August in der Wiener Arena ablaufen wird. Vorbei die Zeiten, in denen die Fans mit vagen Vorstellungen und Erwartungen, dafür mit umso größerer, unbestimmter Vorfreude in die Konzerte ihrer Favoriten gepilgert sind, und erst vor Ort Imagination und Realität abgleichen konnten. Das hatte schon auch seinen Reiz, und lässt sich natürlich, wenn man nicht allzu neugierig ist, auch heute noch praktizieren.

Katastrophale Kindheit und Jugend

Dass sich Hadreas zu einem so überzeugenden Performer und Songwriter entwickeln würde, war noch vor zehn Jahren nicht absehbar. Als Teenager mit griechischen Vorfahren, der zunächst unter den massiven Konflikten seiner Eltern leidet, wird sein Alltag nach dem sehr frühen Gay-Coming-Out im Alter von 14 Jahren nicht gerade einfacher. Unzählige Male soll er von seinen Schulkollegen brutal verdroschen worden sein, was neben anonymen Morddrohungen und sonstigen Anfeindungen in den Suburbs von Seattle mächtige Schatten auf der Seele des jungen Außenseiters hinterlässt. Um diesem homophoben Klima zu entkommen, flieht er nach Williamsburg, wo er sich als Türsteher eines Clubs verdingt und ausgedehnte multitoxische Ausflüge zwecks Selbsterfahrung (oder auch nur um den Schmerz zu töten) unternimmt. Er habe sich als jemand, der nichts besonders gut kann, gefühlt, trotzdem pflegte er den Lebensstil eines Künstlers, zu dem Alkohol und Drogen – so seine damalige Ansicht – zwingend dazugehören, gibt Hadreas sinngemäß in einem Interview zu Protokoll …

Vollständiger Artikel in der Printausgabe.

Perfume Genius

Live: 21. August, Arena Wien

FAQ Magazine verlost fünf Exemplare des Albums „No Shape“ (Matador Records)

Senden Sie bis 10. September eine E-Mail mit dem Betreff „No Shape“

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| FAQ 43 | | Text: Koroschetz Stefan | Fotos: Dominik Schmidt
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