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The Holdovers

Paul Hunham (Paul Giamatti) ist ein Lehrer, wie man ihn keinem wünscht: Mürrisch und verbittert lehrt er Alte Geschichte am Barton College in Neuengland. Er gilt als gnadenloser Pädagoge, der auf Prinzipien und Disziplin beharrt. Ein Typ, der vom Leben ebenso enttäuscht ist wie von sich selbst. Warum er nicht da angekommen ist, wo er eigentlich sein wollte, ist unklar. Aber man spürt, dass bei ihm etwas im Argen liegt, das seinen Missmut gegenüber der Welt schürt.Als Hunham Ende des Jahres 1970 einen Schüler aus reichem Haus durchfallen lässt, geht dem Dekan die Sache endgültig zu weit. Zur Strafe verdonnert er das schwarze Schaf im Kollegium dazu, sich um die Jungen zu kümmern, die an Weihnachten aus diversen Gründen im Internat festhängen. Zunächst sind es noch eine Handvoll widerwilliger Schützlinge, die es zu beaufsichtigen gilt, doch die suchen bald das Weite. Übrig bleibt lediglich Angus (Dominic Sessa), der schwierigste von allen, der von seiner Mutter versetzt wurde, weil die lieber mit ihrem neuen Mann in die Flitterwochen fährt. Dazu gesellt sich die Kantinen-Köchin Mary (Da’Vine Joy Randolph), die ihr eigenes Kreuz zu tragen hat. Sie trauert um ihren Sohn, der vor kurzem in Vietnam gefallen ist.

Wie das ungleiche Trio sich in dieser Zwangslage zusammenrauft, steht im Zentrum von Alexander Paynes The Holdovers. Es ist erst der zweite Film, für den der US-amerikanische Regisseur die Vorlage nicht selbst geschrieben hat. Doch das merkt man der perfekt austarierten Tragikomödie nicht an. Drehbuchautor David Hemingson versteht es brillant, Paynes schrägen Humor und sein feines Gefühl für schmerzhafte Wahrheiten aufzugreifen: In einer frühen Szene besuchen die drei spontan eine Weihnachtsfeier außerhalb des Campus – eine buchstäbliche Schnapsidee, die komplett nach hinten losgeht.Hunham ist eine typische Payne-Figur, wie man sie aus seinen früheren Filmen kennt: In About Schmidt (2002) machte sich Jack Nicholson als grantiger Witwer auf den Weg nach Nebraska, um der eigenen Einsamkeit zu entfliehen. Zwei Jahre später schickte der Regisseur in Sideways zwei Freunde auf eine Sauf-Tour-de-Force durch Kaliforniens Weinberge und erhielt dafür seinen ersten Drehbuch-Oscar. Dies war gleichzeitig Paynes erste Zusammenarbeit mit Paul Giamatti, der wie geschaffen für dessen gescheiterte Figuren scheint.
In The Holdovers liefert er erneut eine schauspielerische Glanzleistung ab. Seine Darbietung wäre jedoch nichts ohne das exzellente Ensemble, das ihn umgibt. Vor allem Randolph – wie auch Giamatti für ihre Arbeit an diesem Film bereits mit einem Golden Globe belohnt – erweist sich zwischen den beiden frustrierten Männern als das ideale Gegengewicht: Mary sagt zwar wenig, aber einige der schönsten Pointen gehören ihr.

 

THE HOLDOVERS
Tragikomödie, USA 2023

Regie: Alexander Payne
Mit: Paul Giamatti, Da’Vine Joy Randolph, Dominic Sessa, Carrie Preston, Andrew Garman, Tate Donovan,Gillian Vigman, Brady Hepner
Universal Pictures

 

| | Text: Pamela Jahn
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