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Übermaß

Fotos: Galerie Meyer Kainer

Der Verkäufer tritt z.B. vor die Kundschaft mit einem freundlichen Lächeln, obgleich ihm in Wirklichkeit gar nicht danach ist, liebeswürdig zu sein. Der echt Maskierte strahlt trotzdem, auch wenn ihm ein Leid an den Sohlen brennt.

Er ist in eine andere Person hineingeschlüpft, weil sein Amt es verlangt, die eigene Persona in den Hintergrund zu stellen. Jeder Verkäufer wird zur Auffassung gekommen sein, dass ihm in diesem Wechselspiel Hindernisse in den Weg treten. Der persönliche Kampf beginnt, wenn Privates und Berufliches ineinander übergehen. Es zeigen sich Missstimmungen und Widerwärtigkeiten im Bereich der Tätigkeit, und allzu oft wird die Maske fallen gelassen, oder sie fällt einfach so vom Gesicht, und der Verkäufer steht im Licht des privaten Kreises, der auf die Käuferschaft unangenehm wirken kann. Das führt in weiterer Folge zu eventuell fatalen Folgen. Aggressionen haben freien Lauf, sind bereit zum Angriff und sind fähig zu töten.

Der Verkäufer der dahin gelangt, die Maske ständig einer Besserung zu unterziehen, macht sich den Weg zur Vollendung frei, kann sich dann hinlegen, die Augen schließen und sterben.

Und hat diesen widerlichen, zufriedenen Ausdruck im Gesicht. Aber ist doch besser, als auf halber Strecke liegen zu bleiben.

Der Verkäufer steht in ständiger Spannung mit der Außenwelt. Die innere Bereitschaft, den Käufer fachmännisch und individuell zu bedienen, ihm zu dienen, versetzt den Verkäufer in sexuelle Erregung und er fühlt ganz genau, wie es in ihm arbeitet. Er zittert. Es entsteht so etwas wie Fieber, das insofern deutlich wird, als aus der vorherigen Ruhe Unruhe wird.

Die Suche nach Entspannung wird nachvollziehbar, birgt aber Gefahren. Sich wohl zu fühlen in Trubel, bei Jazzmusik und bei krankhafter Kost und sich so zu entspannen, führt unweigerlich zu Schwäche und Haltlosigkeit, denn schon nur ein Abend in lockerer Gesellschaft fließt wie Opium ein und lässt nichts, weder die Tätigkeit noch den Charakter zur Entfaltung kommen.

Und das führt wiederum dazu, nicht und nicht sterben zu können, bis dann nach langem Krampf der Körper zu schwach wird und doch aufgibt, aber der Geist bleibt und verzieht sich für alle Ewigkeit in den Keller oder auf den Dachboden.

siggi hofer 2010

Siggi Hofer / Biografie

Geb. 1970 Bruneck/Brunico (Italy), lebt und arbeitet in Wien

Einzelausstellungen & Preise (Auswahl)

2010    Siggi Hofer, Susi Jirkuff, Galerie Wagner und Partner, Berlin

2009    Msgr. Otto Mauer Award, Wien, Heilige Freiheit, Kunsthalle Krems (Katalog), Gott ist aus Gold, Hospitalhof, Stuttgart (Katalog)

2008    14 Tote Kinder, Neue Galerie Graz am Landesmuseum Joanneum, Graz (Katalog)

2007    I forgot 1988, Galerie Meyer Kainer, Wien

2006    I’m just a girl who says what she feels, ar/ge kunst Galerie Museum, Bozen, Strabag Art Award,Im 80. Stockwerk, Strabag Art Lounge, Wien

2005    Weit und breit kein Ende, Galerie Eva Presenhuber, Zürich

2003    My life is your life, kuratiert von B+B, Österreichisches Kulturforum, London 2000    Schindler-Stipendium, Los Angeles

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