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Unerhörte Literatur

Text: Ballhausen Thomas | Fotos: Lars Aarønæs

Als der vom österreichischen Gegenwartsautor Bernhard Strobel übersetzte Erzählband „Dunkelheit am Ende des Tunnels“ 2012 mit dem Hotlist-Preis der unabhängigen Verlage ausgezeichnet wurde, bekam der Name Tor Ulven auch für eine breitere Leserschaft einen vertrauteren Klang. Hier konnte man das Werk eines Literaten kennenlernen, der in seiner Prägnanz, Härte und Zeitlosigkeit den Vergleich mit weit bekannteren Autoren nicht zu scheuen braucht: Doch anders als beispielsweise Michel Houellebecq, mit dem Ulven etwa die Themenfelder des Alterns und des Verfalls teilt, legt der strenge Norweger es weniger auf Gegenwartsdiagnostik denn auf allgemeine Gültigkeit in ungebremster Direktheit an. Seinem Diktum „Ich bin verpflichtet, so gute Bücher wie möglich zu schreiben“ folgend, wird in seinen Arbeiten ein Ausdauern spürbar, ein unmögliches Trotzen gegenüber den Umständen, ein Scheitern der angewandten Strategien. Abseits konventioneller Erzählprämissen werden Isolation und Abgeschiedenheit atmosphärisch entfaltet, misstrauische Beobachtung und Introspektion treten an die Stelle herkömmlicher Plot-Strukturen. Ulven, der sich 1995 das Leben nahm, ist dabei klar in einer modernen Tradition zu verorten, die sich in seinen Texten nicht zuletzt als dezidierter, letztlich aber uneinlösbarer Wunsch der Aussöhnung von Romantik und Klassik manifestiert: „Kunst wird geschaffen, weil Menschen existieren und weil das Leben tragisch ist.“ Der sprachliche Gestus Ulvens, der auch als Lyriker oder Essayist hervortrat, ist Autoren geschuldet, denen er sich auch als Übersetzer angenähert hat: René Char, Samuel Beckett oder auch Giacomo Leopardi sind unter den namhaften Referenzen seines Abarbeitens an alltäglichen Täuschungen und falschen Hoffnungen.

Vollständiger Artikel in der Printausgabe.

  

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