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Utopie, nicht Idylle

Text: Ballhausen Thomas | Fotos: Archiv
Hanin Elias, Fluc 2005 © Magdalena Błaszczuk

Das Wiener Fluc ist lebendiger Ausdruck gelebten Kulturverständnisses.

Rechtzeitig zum zwölften Geburtstag dieser Institution erscheint nun ein reich bebilderter Sammelband, der dem künstlerischen Facettenreichtum, der wechselhaften (Raum-)Geschichte und auch dem Wunsch nach Utopie Rechnung trägt. Eine lange alphabetische Liste eröffnet den vorliegenden Sammelband: ein Who-is-Who internationaler und lokaler Größen, die im Fluc gastieren durften und deutlich machen, wie breit gefächert die Angebote und Möglichkeiten hier waren – und immer noch sind. Ohne den Verknöcherungsgefahren der Institutionalisierung erlegen zu sein, erweist sich das Fluc als einladend, aufregend und provokant. Änderungen hat es im Lauf seiner Geschichte freilich viele über sich ergehen lassen müssen bzw. dürfen, seien es örtliche oder architektonische Fragen, die Möglichkeiten (und Limits), Kunst in Clubräumen erfahrbar zu machen oder pragmatische Aspekte wie Eintrittspreise oder Türpolitik. Die Dimension des Räumlichen, die sich ja auch in der im Titel enthaltenen Tanzaufforderung manifestiert, verdient bei all dem wohl aber besondere Aufmerksamkeit: Utopie, das ist nicht zuletzt ja auch eine Ansage an die herrschenden (Gesellschafts-)Zustände, ein Kampfbegriff, mit dem Fragen der Wertung einhergehen. Als positiv gewendeter Begriff soll ein Ideal vorgestellt, die Möglichkeit des vermeintlich Unmöglichen zelebriert oder zumindest etwas wie eine Richtung angedeutet werden. Die Uneinlösbarkeit des Utopischen, das Aufwerten eines Prozesses zeigt sich für das Fluc etwa in der Programmarbeit, die Idee der räumlichen Trennung von der Rest-Gesellschaft manifestiert sich aktuell in einem Neubau, der für den renommierten Mies van der Rohe Award nominiert war. Aufmunternd und auch ermahnend soll das utopische Konzept sein, politisch alert und Ausdruck wachsenden Selbstbewusstseins. Befugt zur Kritik agieren, tanzen, musizieren usw. hier hoffentlich auch zukünftig citoyens, die die Utopie weitertragen – und sie nicht zur statischen Idylle erstarren lassen: „Do what you can’t“ – die Liste der Akteure darf und soll also noch anwachsen.

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