Es war einmal, an einem Novembertag im Jahr 1972, im kleinen Städtchen Ulm im Süden Deutschlands. Da wurde ein Mann geboren, der die Modewelt ein großes Stück bunter machen würde. Sein Name: Bernhard Willhelm. Mit seinen provokativen, selbstironischen Looks erregte er von Anfang an Aufsehen, mit manchen Ideen war er seiner Zeit sogar weit voraus. Doch bevor er besagte Revolution starten konnte, musste auch ein Bernhard Willhelm die Schulbank drücken. An der Royal Academy of Fine Art in Antwerpen absolvierte er sein Diplomstudium und jobbte nebenher bei Modegrößen wie Walter van Beirendonck, Alexander McQueen, Vivienne Westwood und Dirk Bikkembergs. Gleich nach dem Schulabschluss gründete er gemeinsam mit Kollegin Jutta Kraus das erste Modelabel unter seinem Namen. Im Laufe von zehn Jahren schufen die beiden über 30 Kollektionen für Frauen und Männer, im Jahr 2010 wurde das Duo dann mit einer großen Retrospektive im Kunstmuseum Groningen geehrt. Ihre Inspirationsquellen reichten von deutscher und japanischer Folklore über Popstars wie Michael Jackson bis hin zu verschiedensten Sportarten.
Mit der Zeit begann Willhelm seine kreativen Fühler nach anderen Herausforderungen auszustrecken. Seine Zeit als Creative Director beim italienischen Haus Capucci von 2002 bis 2004 bezeichnet er heute als kleinen Flirt für drei Jahre. Dass die Firma schlussendlich insolvent wurde, sah der Designer den allzu traditionellen Vorstellungen von Mode geschuldet. Die Couture, so Willhelm damals, sei sowieso schon tot. Vielleicht war er als Designer deshalb stets auf der Suche nach neuen Ventilen für seine Ideen. Im Jahr 2007 kreierte er beispielsweise alle Outfits für die Welttournee von Björk, sowohl für die Sängerin selbst also auch für ihre Big Band. Dies sollte nicht seine letzte Kooperation werden. Für das mallorquinische Schuhlabel Camper kreierte er Modelle für Männer und Frauen. Mit der Berliner Brillenmanufaktur Mykita arbeitet er seit dem Jahr 2009 fortlaufend. Das erste Modell „Franz“ wurde von den Olympischen Winterspielen 1976 inspiriert und war in seinem Retro-Stil von Beginn an ein Kassenschlager.
Mit Kooperationen wie diesen ging natürlich auch immer größer werdende Bekanntheit einher. Der Beweis dafür kam im Jahr 2009, als die Universität für angewandte Kunst Wien an Bernhard Willhelms Tür klopfte. Als er die Professur der Modeklasse an der Angewandten schließlich übernahm und damit Veronique Branquino ablöste, konnte er zehn Jahre Erfahrung im Modebusiness vorweisen. Für manche schien das noch zu wenig, auch im Vergleich zu Vorgängern wie Vivienne Westwood. Doch der „junge Wilde“ bewies: Diese zehn Jahre waren intensiv genug, um das gesammelte Wissen an die nächste Generation weiterzugeben. Trotz Willhelms neuem, unelitärem Zugang zur Kreativität sah er die Mode immer als Handwerk, das es zu erlernen galt. Er forderte seine Studenten auf, die Kleidung als weißes Blatt zu sehen, auf dem sie ihre Kunst erschaffen sollten. Ob man das vollendete Werk danach tragen oder an die Wand hängen würde, das war ihm einerlei, auch da blickte er über den Tellerrand. Neugierde erwecken, das war das Hauptziel als Lehrperson. Nicht den einen neuen Modestar am Firmament zu entdecken, sondern das Talent in jedem einzelnen Studenten herauszukitzeln und aus den gängigen Modezyklen auszubrechen. Er ermunterte seine Studenten auch stets, neue künstlerische Präsentationsformen zu suchen …
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