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Zurück in die Zukunft

5K HD nähern sich ihrem Werk mit akustischen Mitteln und eröffnen eine neue Welt.

Foto: Hanna Fasching

Wenn man sich auf der Webseite des Wiener Porgy & Bess, immerhin einer der führenden Jazzklubs der Welt und unterschätztes touristisches Aushängeschild, umsieht, dann kommt man durchaus ins Staunen. Für Konzerte von Legenden und Allzeitgrößen wie Dave Holland, John Scofield oder Billy Cobham gibt es noch Karten, aber das Konzert von 5K HD kann sich schon länger mit Schild „ausverkauft“ schmücken. Ein rares Ereignis in den Tagen des Publikumsschwundes. Die Band, die nur aus Ausnahmemusikern besteht und aus Kompost 3 hervorgegangen ist, hat es geschafft, sich ein Publikum in verschiedenen Szenen zu erspielen. Da ist einerseits die klassisch junge bis leicht angegraute FM4 Fanbase, die alle Projekte von Ausnahmesängerin Mira Lou Kovacs vom Soloalbum bis zu My Ugly Clementine verfolgt und die sie auch noch von Schmieds Puls kennen und verehren. Da gibt es aber auch das avancierte Jazzpublikum, das sie an Plätzen wie dem Jazzfest Saalfelden feiert.
Mit der soeben erschienen Platte „Creation Eats Creator“ überrascht 5K HD erneut. Sie nahmen sich ihre ursprünglich mit viel elektronischen Sounds eingespielten Songs her und setzen sie akustisch um. Aber es wäre nicht 5K HD, wenn sie den einfachen Unplugged-Zugang wählen würden. Die Sounds sollen auch auf der Bühne akustisch hergestellt werden, aber nicht zwangsweise akustisch klingen. Wenn man einen Sound, der verdächtig nach einem New-Order-Beat der Achtziger oder Neunziger klingt, hört, hat Drummer Andreas Lettner mehrere Schlagzeugbecken übereinander arrangiert und findet so seinen Sound. Pianist Benny Omerzell präpariert sein Klavier in der Tradition der Grand Brothers mit Magneten, Filzen und anderen Gegenständen, und wenn man glaubt, doch ein Fuzz-Effektgerät zu hören, dann schnarrt Manu Mayr kunstvoll mit seinen Fingernägeln an den Seiten des Kontrabasses. Und Mira Lou Kovacs? Sie singt ohne Verzerrer und Effekte, die gewünschten und lange gesuchten Sounds ergeben sich durch den Einsatz der Stimmen der anderen Bandmitglieder.

Foto: Hanna Fasching

So wird der Titel „Creation Eats Creator“ zum Programm, die „alten“ Songs werden von den Schöpfern viel mehr als nur neu arrangiert, sie werden neu erfunden und in einen vollkommen neuen Kontext gestellt. Die Schöpfung der Vergangenheit wird von der Neukrea-tion aufgefressen. Und da wird ein Song wie „Happy Fucking Life“, der beim Publikum ohnehin schon immer bestens angekommen ist, viel brüchiger, aber auch viel breiter, als in der ursprünglichen Version. 5K HD haben hier einen Widerspruch aufgelöst, der eigentlich nicht auflösbar ist. Sie haben sich in der Wiederholung neu erfunden, und das muss ihnen erst jemand nachmachen.

5K HD „Creation Eats Creator“ (fiveK records / Ink Music)

 

 

| FAQ 62 | | Text: Günther Bus Schweiger
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